Der "flotte" Pfarrherr
Christoph Schmezer
Pfarrer in Ziegelhausen
An Christoph Schmezer (evangelischer Pfarrer in Ziegelhausen von 1840 - 1875) erinnert mehr als der "Schuss von der Kanzel", den Konrad Ferdinand Meyer in eine Novelle gesetzt hat. Schmezer war so gar kein "Nur-Pfarrer", entsprach dem Lutherbild nur bedingt.
Christoph Schmezer wurde 1800 in Wertheim geboren, damals ur- katholisches Land, zu Mainz gehörend. Zur Legende gehört ein Ahn, ein Trompeter, den die schwedischen Truppen im Dreissigjährigen Krieg zurückgelassen hätten. Den Theologiestudienorten Halle und Heidelberg folgte das Staatsexamen in Karlsruhe und die erste Anstellung in Baden - Baden. Doch Baden-Baden lag zu nah an Residenz und Oberkirchenrat und Schmezer war ein Freigeist, hatte neben der Bibel auch vieles andere im Kopf. Von Karlsruhe aus waren die kürzlich von der Kurpfalz hinzugewonnen Gebiete Land und Provinz. Dorthin konnte man schon mal einen nichtkonformen Pfarrer schicken, zur Besinnung, als disziplinarische Maßnahme. Und so landete Christoph Schmezer 1840 in Ziegelhausen.
Alte evangelische Kirche mit Pfarrhaus
Schmezer kümmerte sich um seine Pfarrkinder, hielt grandiose Predigten und rührte die Zuhörer oft zu Tränen. Sie gaben es ihm mit Sympathie zurück. Aber er hatte noch ganz andere Interessen: Er sammelte seine gehaltenen Predigten und publizierte sie in Buchform, "Himmelräume und ihre Welten" beschäftigte sich mit Sternenkunde, dem an Geologie interessierten Zeitgenossen offerierte er ein "Lesebuch zum Selbstunterricht in der Geologie" und hielt dazu auch populärwissenschaftliche Vorträge in Mannheim und Heidelberg.
Viktor v. Scheffel
Doch ein Hauptinteresse galt auch der "wirtschaftlichen" Erkundung der nahen Studentenstadt und der Mitgliedschaft in trinkfesten Kulturkreisen mit gestandenen Persönlichkeiten wie Viktor von Scheffel oder Ludwig Häusser. Stammhaus dabei war immer wieder "Holländer Hof" bei der Alten Brücke. Man traf sich auch im evangelischen Pfarrhaus in Ziegelhausen. Schmezer und Scheffel
"Holländer Hof"
waren ein fruchtbares Gespann. Schmezer vertonte des öfteren Scheffelgedichte und trug sie auch selbst vor. Scheffel schrieb Gedichte, in denen Schmezer zum Protagonisten wurde.
Diese Zusammenkünfte in Heidelbergs Altstadt und die nächstmorgendlichen Pfarrerspflichten in Ziegelhausen kamen öfter in zeitlichen Konflikt. Bei einer solchen Gelegenheit soll sich der "Schuss von der Kanzel ergeben haben."
Christoph Schmezer war dreimal verheiratet und hatte fünf Kinder. Natürlich war er nicht geschieden, sondern begleitete seine Ehefrauen ans Grab. Sein Dienst in Ziegelhausen endete 1875, eine sehr lange Zeit, die auf gutes Einvernehmen Aller schließen lässt. Dennoch zog es ihn im Alter nach Ladenburg, wo er 1882 auch begraben wurde.
[Klaus Fanz - tlw. adaptiert von R. Hoppe: 750 Jahre Ziegelhausen.]