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Berta Steinbächer, die "Resoluta" der Sozialfürsorge in Ziegelhausen

„Unn Du kumm’sch nach Königsfeld, fa Jugoslawie bisch noch zu klää“, „wenn vunn Medulin dahääm bisch, meld’sch Dich als Feriehelfer, die kenne ma brauche.“ Die für die Ferienerholung anmeldenden Eltern verabschiedete sie oftmit den Worten:“Umms Geld macht Eich mol kää Gedonke, des werd schunn geregelt werre.“
Schwupp – somit waren beide Kinder für’s Sommerferienlager der Arbeiterwohlfahrt angemeldet und mit guter Hoffnung verließ man das Haus am Fürstenweiher und ging mit frohen Gedanken Mühlweg und Peterstaler Straße hinunter ins Dorf.

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So resolut war Berta Steinbächer, Tochter des Ziegelhäuser
Bürgermeisters Robert Bollschweiler (1920 – 1933). Sie kam am 11. März 1905 in Ehrstätt/Sinsheim zur Welt, verbrachte Kindheit und Jugend in Ziegelhausen, mithelfend in der Gastwirtschaft „Zum Neckartal“, heute Brahmsstraße 22, die  ihre Eltern Robert und Lina bis 1919  betrieben.
Trotz der Bestellung ihres Vaters zum Bürgermeister
1920 suchte Berta nach neuen Ufern. Sie fand sie 1923 – als mutige19- jährige war sie 3 Monate allein nach Südamerika unterwegs, denn ihr Verlobter Emil war schon vorher gereist - zusammen mit ihm in der deutschsprachigen Siedlung „Blumenau“ in Brasilien. Blumenau liegt mittig zwischen Sao Paulo und Porto Alegre in der Provinz Santa Catherina fast am Südatlantik. Die Stadt war und ist bis heute das Ziel deutscher Auswanderer. Dort heiratete sie im September 1924 Emil, der seine kleine Familie - Tochter Inge kam bald zur Welt – als Schneider ernährte. 1927 re-migrierten die Steinbächers, da Vater Emil auf Grund einer Erkrankung sich in Deutschland behandeln lassen wollte. Wie viele Ziegelhäuser*innen verdienten sie sich ihren Lebensunterhalt in einem Wäschereibetrieb. – bis 1945.

Nach der Katastrophe des Krieges galt ihre Fürsorge denen, die oft niawocht auf eigenen Beinen stehen konnten in dieser Zeit der materiellen und sozialen Armut. Im Rahmen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) engagierte sie sich in hohem Maße. Flüchtlingshilfe in Ziegelhausen ("Batschka" - Peterstaler Straße) oder auch im eigenen Haus, Schulspeisung, Stadtrand- erholung,  Kinderverschickung, Alten- und Müttererholung, in der Sozialfürsorge - das waren ihre Themen und dies alles ehrenamtlich!

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Vieles wäre nicht möglich gewesen ohne politische Beteiligung: Schon 1945/46 überließ die selbstbewusste und welterfahrene Frau die Politik    nicht alleine den Männern. Sie wurde Gemeinderätin für die SPD und blieb es bis 1975, als erste Frau im Landkreis, auch im Kreisverband der Sozialdemokraten spielte sich eine wichtige Rolle. Berta Steinbächer war Frau „AWO“ in Ziegelhausen, an die man sich wandte und die oft helfen konnte. Politisch gab es in Ziegelhausen in dieser Nachkriegszeit deutliche Hinwendungen zu „schwarz“ oder „rot“, Berta Steinbächer aber genoss Respekt aus allen Teilen der Bevölkerung. Folgerichtig verlieh ihr der Bundespräsident am 16.5.1969 den Bundesverdienstorden. Selbst im Alter mischte sie noch oft bei Altennachmittagen - sie gründete den "Seniorenclub" - in der nahen „Steinba(e)ch(er)halle“ mit und veranstaltete sie auch.

Berta Steinbächer starb am 20.11.1994.

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Ziegelhausen verlor mit ihr ein bedeutendes Vorbild der Sozialpolitik und eine hoch engagierte Fürsorgerin. Laudator R. Baust lobte bei der Feier zum 40 ten Jubiläum der AWO 1986 ihr Lebenswerk als „vollendet“. Damals im August 1946 war sie auch schon die treibende Kraft, die mit klarem Blick, hoher Motivation und Durchsetzungsvermögen ihre Ziele fast immer erreichte. Kraft schöpfte sie auch aus ihrer "Großfamilie" am Fürstenweiher mit Ehemann, Tochter, Schwiegersohn und zwei Enkelinnen. Den Lebensbeginn dreier Urenkel durfte sie auch erleben.

Die Stadt Heidelberg könnte ihr ein festes Andenken z.B. mit der
„Berta – Steinbächer – Halle“ schaffen, nicht in der „Robert-
Bollschweiler-Straße“ sondern am bestehenden Ort, am Fürstenweiher.

Klaus Fanz

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