Geselligkeit wird privat
Gasthaus "Zum Grünen Baum"
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Früheres Gasthaus "Fürstenhof"
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Früh.Gasthaus "Steinbacher Tal"
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Früheres Gasthaus "Zur Grenze"
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Geselligkeit wird  privat

„Haarlass“, „Stiftsmühle“, „Cafe Kinzinger“, „Steinbacher Tal“, „Grenze“, „Grüner Baum“, “Löwen“ – Nein, dies sind keine Hinweise für eine Kneipentour in Ziegelhausen. So kündigte der Fahrer des gelben Schnauzenpostbusses auf seiner Fahrt nach Wilhelmsfeld die Haltestellen an. So hat man das gehört in den 60 iger Jahren. Und so kann man noch 13 weitere Wirtschaften nennen, die in der Nachkriegszeit die Bevölkerung einluden. Aber woran liegt es wohl, dass man heute die Gaststätten in Ziegelhausen an einer Hand abzählen kann und es immer noch weniger werden? – Nicht nur das: An warmen Abenden sah man viele Nachbarn beim Äppelwoi im Hof zusammensitzen. Bis auf ein paar garstige Wochenenden traf man sich im Dorf zu irgendeiner Feier.

Bei den Sport- und Kulturvereinen war der Andrang so groß, dass oft nicht alle Mitglieder zum Zuge kamen. Allwöchentlich am Samstag trafen sich gesellige Männerclubs in den Wirtschaften zum Bier und zur Zigarre.

Das Vergnügen, das Vereinsleben, die Kulturveranstaltungen fanden damals exklusiv in den Gastwirtschaften statt. Noch früher, zwischen den beiden Kriegen fanden sich Ziegelhäuser sogar zum bühnenreifen Theaterspiel zusammen, das man in Saal der Wirtschaften aufführte.

Also: „Haarlaß“, „Stiftsmühle“, „Cafe Kinzinger“, „Steinbacher Tal“, „Grenze“, „Grüner Baum“, “Löwen“, “Stiftsklause“, “Rose“, “Cafe Buchenau“, “Fürstenhof“, “Waldhorn“, “Hirsch“, “Adler“,“Lamm“, “Ochsen“,  "Cafe Enzian“, “Bärenbach“, “Cafe Zipp“, bis 1950 die „Pfalz“. So der Stand in den 5o iger und 60 iger Jahren.
Die größeren Wirtschaften, wie „Rose“, „Stiftsmühle“, „Haarlass“, “Adler“, “Lamm“ boten dem Besucher neben dem Gastraum auch eine Kegelbahn, einen Veranstaltungssaal und einen Biergarten. Die am Neckarufer gelegenen allerdings opferten ihren Garten der Umgehungsstraße. Wer erinnert sich dabei nicht gern an das „Rentnerbänkle“ am Neckar unterhalb des Rosengartens an der Steinbachmündung direkt neben der „Adler – Überfahrt“ vom „Mohre Lui“. Leider grüßt der schöne Lammgarten heute als Parkdeck und der Adlergarten hat seit 2019 eine andere sinnvolle Nutzung durch die "Parkresidenz" erfahren ähnlich dem Ochsengarten, heute genutzt vom Seniorenzentrum und dem Jugendtreff.

Restaurant "Capri"
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Früheres Gasthaus "Zum Löwen"
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Früheres Hotel "Schwarzer Adler"
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Früh. Gasthaus "Goldener Ochsen"
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Früheres Gasthaus "Rose"
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Früheres Gasthaus "Baerenbach"
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Gasthaus "Waldhorn"
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Früheres Gasthaus "Hirsch"
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Die Wirtschaften waren die Heimstätten für die Vereine, für deren Proben, Aufführungen und Winterfeiern. In Ermangelung einer Sport- oder Dorfhalle trainierten und rangen die Athleten in der „Grenze“, die Turner noch früher im „Steinbacher Tal“, die TSG 1882 ging damals  z.T. in Schlierbach fremd. Die DJK ……   Die Karnevalisten prunkten im „Steinbacher Tal“ und im „Rosensaal“ .Die Gesangsvereine verteilten sich über das ganze Dorf.

Im Sommer kamen die Besucher auch gerne zu den „Heckenfesten“ der Vereine auf die Wiesen auf dem Neckarvorland, teilweise parallel zu den Campingplätzen in der Neckarhelle. Sängertreffen und Fischerfeste gab es neben der Kerwe auf dem Kuchenblech.

Bis in die 60 iger Jahre ritt Fuzzy St. Johns im Rose-Kino für Gerechtigkeit, bevor die Eltern am Abend manchen Heimatfilm aufsogen. Es wird sogar berichtet, dass man genau beobachtet habe, wer im Jahre 1964 Ingmar Bergmanns „Das Schweigen“ besucht hat. Ein paar Meter weiter bestand das „Rio“ als Ziegelhausen’s zweites Kino. Genau dort traf sich ab Mitte der 60 iger die Ziegelhäuser Jugend im „Kur-Cafe“ zur Beatmusik. Etliche Amateur – Beat – Bands wie z.B. die „Lightnings“ brachten den Saal des „Steinbacher Tals“ am Sonntag Nachmittag zum Toben.

Pizzeria "Il Sogno"
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Steffi's Klause
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Früheres Hotel "Stiftsmühle"
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"Schwarzes Lamm" geschlossen
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Früheres "Cafe Kinzinger"
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Früheres Hotel "Haarlaß"
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Klosterhof - Gaststätte
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Rosenkeller
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Bursali Imbiss
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Heute Vereinshaus Schützengesellschaft
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Und heute (2020)?

Überlebende: Das „Waldhorn“, der „Grüne Baum“ und die „Stiftsklause“, neu hinzugekommen sind das „Capri“ , der "Klosterhof", der "Rosenkeller", "Bursali Döner"  und das „Il Sogno“. "Caminus" am Dorfbrunnen ist leider wieder verschwunden.

Woran liegt es wohl, dass Vergnügen, Geselligkeit, Kultur sich aus der Stadtteilöffentlichkeit zurückgezogen haben?

Vergnügen ist privat geworden. Mit dem massenhaften Aufkommen der Fernseh-, Spiel-, Kommunikations- und Musikgeräte haben sich die meisten Vergnügungssüchtigen in die eigenen vier Wände zurückgezogen. Gerade Kinder und Jugendliche empfinden mehr Spaß vor dem eigenen Monitor als im Sportverein. Viele „Zugezogene“ fanden zudem nicht den Weg in die örtlichen Vereine.  Das kulturell reiche Heidelberg zieht viele Bürgerinnen und Bürger aus den Stadtteilen an. 

Mehrere Urlaubsfahrten im Jahr setzen andere Schwerpunkte für die Freizeit als noch vor 60 Jahren als man in "Pferchelsgarden" Urlaub machte. Und nicht zuletzt nahmen die Steinbachhalle, die Köpfelhalle und die Bürgerbegegnungsstätte vieles von dem auf, was früher in den Wirtschaftssälen stattfand.

Wirtschaftsdetails

"Schwarzer Adler", Hauptstraße / Kleingemünder Straße 6, erwähnt 1797, heute in die "Parkresidenz" integriert.

"Schwarzes Lamm", Hauptstraße /Kleingemünder Straße 37, 1801, geschlossen August 2020

"Steinbacher Tal", Peterstaler Straße 66, 1868, heute "Hotel Garni"

"Rose", Neckarhelle 1, 1800, heute Wohn- und Bürohaus, Einkaufsmarkt

"Stiftsmühle" , Neckarhelle, 1872, heute überbaut vom Wohnpark gleichen Namens

"Grenze", Peterstaler Straße 195, 1874, heute Tierarztpraxis

"Haarlaß", Neckarhelle, 17 tes Jahrhundert, dann ab 1911, heute Fortbildungszentrum

"Goldener Ochsen", Obere Neckarstraße /Brahmsstraße, älteste Wirtschaft (16 tes Jahrhundert), heute Seniorenzentrum

"Pfalz", Kleingemünder Straße 2, 1874, heute Geschäfts- und Wohnhaus

"Hirsch", 1711, Hauptstraße / Kleingemünder Straße 27, heute vakant

"Cafe Kinzinger", Neckarhelle, heute Wohnhaus

"Bärenbach", Kleingemünder Straße, heute Wohnhaus

"Fürstenhof", Peterstaler Straße 155, 1900, heute Ferienwohnungen, Wohnhaus

"Löwen", Wilhelmsfelder Straße 72, heute Appartments gleichen Namens.

"Cafe Buchenau", Mühldamm

"Cafe Zipp" , Obere Neckarstraße / Brahmsstraße 1

"Cafe Enzian", Hauptstraße / Kleinegemünder Straße 2

"Camino" am Dorfbrunnen, geschlossen.

 

"Waldhorn", Peter-Wenzel-Weg 11

"Grüner Baum", Wilhelmsfelder Straße

"Steffi's Klause", Neckarhelle 130

 

"Capri", Steinbachweg 1

"Il Sogno", Kleingemünder Straße 72/8

"Klosterhof", Stiftsweg 4

"Rosenkeller", Neckarhelle 1

"Bursali - Imbiss"

 

 

Vorvergangene Wirtschaften

"Pfalz" Obere Neckarstraße (Brahmsstraße 2), 1671 - 1800, später Förster-Bronn-Haus, Salpeterfabrik, dann ev. "Luisenheim", heute Wohnhaus.

"Schwanen", Obere Neckarstraße (Brahmstraße), 1706, später evangelisches Pfarrhaus

"Fuchs", Schönauer Straße 2, 1874

"Neckartal", Brahmstraße 9, 1873 - 1920

fast alle dieser Wirtschaften besaßen die Erlaubnis, einen "Schild" heraus zu hängen. (Schildgerechtigkeit). Sie durften beherbergen, zugekaufte Lebensmittel reichen, hatten Stallungen und mussten Steuern zahlen. - Im Gegensatz dazu gab es "Kranz-" oder "Strauß-"wirtschaften, die einen Kranz oder Strauß an die Türe hängten. Sie durften nicht beherbergen und nur eigene Lebensmittel anbieten.