Weiches Wasser unn die dreggisch Wäsch

[Von Klaus Fanz, Juli 2020]

Weiches Wasser und die „dreggisch Wäsch“

Die Regenfälle über Ziegelhäuser Flur entlassen das Wasser in den weniger dichten Buntsandstein. Dort durchfließt es oft oberflächennah das  Gestein, das kein Calzium und nur wenig Erdalkalimetalle aufweist. Fehlendes Calzium- und Magnesiumcarbonat machen das Wasser „weich“ – im Gegensatz zu Wasser, welches Kalkstein, Marmor, Dolomit durchflossen hat. Grundsätzlich eignet sich dieses kalkarme Wasser zum

  • Waschen
  • Gießen
  • Erhitzender Nahrungszubereitung
  • Als direktes Getränk

Das wissen auch die vielen Wasserabfüller, die man zu jeder Stunde an den Brunnen der Geigersheide und der Haide täglich sieht.

Denkmal für die Wäscherin Foto Fanz
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Heute (2020) finden wir in Ziegelhausen gemischtes Leitungswasser, im 19 ten Jahrhundert benutzte jeder Haushalt das originale weiche Ziegelhäuser Wasser. Dies hatte übrigens zur Folge, dass die Ziegelhäuser früher ihr Leben lang unter Kalkarmut litten, was Zähne oder Knochenbau betraf. Dies musste oft mir Kalktabletten ausgeglichen werden.

Aber mit Ziegelhäuser Bergwasser konnte man hervorragend waschen.

Dies wussten schon ansässige Fürsten und Adlige und Großbürger aus der Rheinebene und so ergab sich eine Win-Win-Situation zwischen Ziegelhäuser Wäscherinnen und Rheintalbürgern mit großem Geldbeutel.

Der Waschvorgang

Am Vorabend des Waschtags wurde die Wäsche eingeweicht. Früh am Morgen wurden die Waschkessel befeuert, um die Wäsche in Seifenlauge zu kochen – gerührt mit dem riesigen Rührlöffel.

Nach dem Kochen nahm frau die Wäsche heraus und bearbeitete sie mit  mit einer Waschbürste. ("Worzelberscht")

Die mit Seife getränkte Wäsche wurde nun mehrmals in klarem Wasser durch Schwenken gespült.

Oft war die Wäsche vergilbt. So wurde sie nun im letzten Spülgang mit „Wäscheblaukugeln“ in Leinensäckchen („Bleelumpe“) in ein Bad gegeben. Das machte sie wieder hellweiß.

In einfachen Holzzentrifugen oder gleich durch Aufhängen wurde dann die Wäsche getrocknet. Hing Regen überm Tal, so trocknete frau in der „Drickelscheier“

Die Sonne ist doch die beste Bleicherin. Daher breitete man oft die Wäsche auf der grünen Wiese aus.

Das Bügeln mit noch holzkohlegewärmten Bügeleisen oder später mit elektrischen Mangeln war der letzte Arbeitsgang.

Holen und Bringen war natürlich im „Full-Service“ ebenfalls Aufgabe der Wäscher und Wäscherinnen und bei maximal 240 Wäschereien in Ziegelhausen kann man sich vorstellen, dass die Ziegelhäuser dann transporttechnische und logistische Spitzenleistungen vollbrachten.

Mit dem Handwagen, dem Kuh- oder Pferdefuhrwerk, mit der Eisenbahn oder später mit dem LKW ging es nach Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen oder gar nach Darmstadt – mit Übernachtungen.

In Mannheim zumindest kannten die Männer, die für den Transport von Ort zu Ort zuständig waren, die entsprechenden Lokale, wo man die Mittagspause bei einem kräftigen Essen verbringen. Das Austragen der Wäsche zum Kunden mit Kopfring oder örtlich stationierten Leiterwägelchen war wieder Mädchen- bzw. Frauensache.

Die Feststellung ist sicher nicht übertrieben, dass dieser Gewerbezweig bis zum 2. Weltkrieg vielen Ziegelhäuser Familien über die Runden geholfen hat und schwere Zeiten wirtschaftlich abgefedert hat.

Glätten durch Mangeln
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Wäsche in Mannheim angeliefert Foto Martus / Hoppe
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Die „Wäschküch“ als kulturelles Biotop

„Redet wie ein Waschweib“ kommt nicht von ungefähr. 10-12 Stunden kraftraubende Arbeit kann frau nicht schweigend ertragen.

Auch wurde „getratscht“ . Jeder Zeitungsredakteur hätte sich weitere Recherchen durch Anwesenheit sparen können, um über „neueste Nachrichten“ aus dem Dorf, dem Steinbachtal, Peterstal, der Neckarhelle berichten zu können.

Die Frauen bewiesen auch hohe Sangeskunst während der Arbeit – vom Heimatlied über das schmachtende Liebeslied bis hin zum Weihnachtslied.

Aber – ging die Arbeit augenscheinlich nur schleppend voran, so fuhr der Patron dazwischen: „Ruh jetzt in der Wäschküch“!

Alva Fisher entwickelte bis 1906 die elektrische Waschmaschine mit gelochter Waschtrommel und nach dem 2. Weltkrieg fanden die Waschvollautomaten Eingang in deutsche Haushalte.

Spätestens dann war die Epoche der kräftezehrenden Wascharbeit vorüber.