Ziegelhäuser Geschichte
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Vom „Ziegelhus“ zum Erholungsort
800 Jahre Ziegelhausen
Teil 1: Geografie und Gründung
von Erich J. Lehn
Acht Jahrhunderte sind eigentlich keine lange Zeitspanne gegenüber jenen Gemeinden in der Region, deren Gründungsjahr einige Jahrhunderte vorher liegt.Dennoch hat Ziegelhausen Einiges aufzuweisen, was den Ort, jetzt Stadtteil von Heidelberg, attraktiv und lebenswert macht. Begeben wir uns auf den Hausberg, den „Büchsenacker“, dessen ebene Hochfläche von ca.90 Morgen nach einem Bittbrief von 1742 an Kurfürst Carl Theodor den armen Bewohnern zur Rodung zur Verfügung gestellt wurde, „sonst müßten wir nach Pensilvanien flüchtig werden.“ Nach Süden liegt zu Füßen des „Kanzlerblicks“ der Neckar. gegenüber Schlierbach mit seinen bewaldeten Hängen, die bis zum Königstuhl mit seinen Funktürmen emporsteigen, im Norden erstreckt sich das Steinbachtal, dessen locker mit Häusern bebauten Gärten sich am Waldrand über Peterstal hinaus hinziehen; der Blick nach Osten geht über das „alte Dorf“ mit seinen Kirchen und der Neckarbrücke bis zum „Kammerkopf“, einer Erhöhung über Kleingemünd. Schließlich haben wir die weiteste Sicht, hoch über Stift Neuburg“ gegen Westen: hier erstreckt sich Heidelberg mit seinen Brücken, dem Schloß, den Türmen der Kirchen, bis im blauen Dunst über der Rheinebene die Berge der Hardt auftauchen.
Schon die Römer hatten erkannt, daß der Boden an den steilen, zum Neckar sich absenkenden Hängen zwar nicht besonders fruchtbar war, aber für ihre Bautätigkeit an den Kastellen in Neuenheim und Ladenburg in reichlichem Maße Lehm und blaugrauer
Neckarhelle und Ortsmitte Foto Fanz
Kanzlerblick Foto Fanz
Ton in ziemlicher Mächtigkeit vorhanden war, der dann in Schiffen auf dem Neckar dorthin gelangte. Keramikfunde und auch Hufeisen deuten auf eine kleine Siedlung am Hahnberg , oberhalb des „Alten Friedhofs“ darauf hin.
Nach der Römerzeit ist schriftliche lange nichts mehr über eine Besiedlung bekannt, doch sicher war der fischreiche Neckar und die großen Waldungen ein Haupterwerbszweig von Kleinsiedlern in fränkischer und allemannischer Zeit, bis lt.Lorscher Codex um 850 n.Chr. zwei Adlige aus Dossenheim, Eschrich und Heimrich, ein Besitzrecht von zehn Huben im Steimbachtal besaßen.
Das Ziegelhus: Gegen 1220 kauften die Mönche des 1142 in Schönau gegründeten Zisterzienserklosters zwei Morgen Land zwischen dem „Gihenge „ und dem Neckar, zur Errichtung eines Ziegelwerkes, vom Ritter Blikker von Steina (Neckarsteinach). Dieser hatte das Feld von dem Edelmann Gerhard von Schauenburg (Dossenheim) zu Lehen, der den Verkauf billigte. Das Gelände war die nach Osten ziehende Langwiese, heutige Bezeichnung als Alte Gärten.
Es taucht natürlich die Frage auf, wie die gebrannten Ziegel nach Schönau kamen. Die Verkehrswege waren die Hohlen, also die neben der Ziegelei steil nach oben führende Brechhohl, die sich oberhalb der Lehmgrube mit dem Schönauer Abtweg verbindet, der zum Tanzplatz, dann eben zum Münchel führt, dem höchsten Punkt, an dem die Grenze nach Schönau durch eine Mönchsfigur markiert war, und dann das Schafbachtal hinunter zur Baustelle.
Historische Ziegelherstellung
Ziegel = Backsteine oder Dachziegel (lat. tegula) sind das geformte Produkt von Lehm und Ton und des Brennvorgangs. In Ton- oder Lehmgruben wurde das Grundmaterial abgebaut, wo nötig mit Sand, Kalk, Ton angereichert. Mehrfaches "Wintern = Sumpfen" und "Sommern = Trocknen" reduzierten organische Anteile. Mit dem "Handstrichverfahren" = Verfüllen in hölzerne Formen und Entnahme überschüssigen Materials, nach Trocknung wurden die Formen im Brennofen ("Zygeloven") mit glühender Holzkohle für 6-9 Tage auf mehr als 1 000° gebrannt. Diese Verfahren wurden meist in Meilern neben der Lehmgrube, im weiteren Mittelalter dann im "Zygelhus" durchgeführt K. Fanz
Die Römer hatten möglicherweise ihre Brennöfen direkt neben der Lehmgrube, und dann die Ziegel einfach abwärts transportiert. Eine weitere Möglichkeit war der Transport auf dem Neckar. Hier waren seit Jahrhunderten die Treidler unterwegs, die an langen Seilen die flachen Kähne neckaraufwärts zogen.Von hier mit Ziegeln beladen nach Neckarsteinach und dann mit Fuhrwerken die Steinach entlang zum Kloster; das wäre aus heutiger Sicht die einfachste Lösung. Nach Aufhebung des Klosters ging die Ziegelei ein, an ihre Stelle trat das Schultheisenhaus, das spätere Brahmshaus.
Ebenfalls eine Ziegelei besaßen die Mönche auf Stift Neuburg, ab 1399 das „neyder ziegelhus“ genannt; der Name des Erbbeständers Haarlaß ging bis heute auf das Gut über. Hier wurden Kalk und Ziegel gebrannt, der Kalk wurde durch Sieben aus dem Löß gewonnen, die sogenannten „Lößkindel“. Die großen Lößwände sind heute noch am Haarlaßweg sichtbar. Der Ziegelofen wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und nicht wieder aufgebaut.
Teil II : Von Ziegeln, Mühlen, Wäsche, Schokolade, Kirchen, Schulen und Obrigkeit
1872 gab es, aufgrund der erhöhten Bautätigkeit und der Nachfrage nach Bau- und Dachziegeln wieder eine Ziegelei, unweit der ersten und an der heutigen Brahmsstraße gelegen: Kühner & Cie. Ihre hellgelben Mauerziegel schmücken heute noch die „Alte Poststelle“ und auch Häuser in der Peterstaler Straße, die roten Dachziegel sind ebenfalls auf manchen Dächern zu finden. Die Ziegelei wurde nach dem Ersten Weltkrieg abgerissen, an ihre Stelle traten einstöckige Häuser mit gedeckten Durchfahrten zum Hausgarten und kleinen Vorgärten, die heutige Brahmsstraße.
Bleibt noch eine Ziegelei zu erwähnen, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem „Kuchenblech“, dem ehemaligen Sportplatz auch Dachziegel herstellte, die allerdings aus Zement. Diese waren deshalb nicht lange haltbar,
Die Besiedlung.
Um die Ziegelei, das Gebiet des „Spelzenackers“ entwickelte sich das Dorf nur allmählich, einmal war kaum Ackerland vorhanden, die Ziegelei bot nur Wenigen Arbeit, sodaß die Einwohnerzahl um 1577 sich nur auf 210 Personen belief, 200 Jahre später hatte sich ihre Zahl verdoppelt und die Glashütte in Peterstal beschäftigte nur 112 Personen, die 1768 nach dem Tode der Besitzer Wenzel behördlicherseits geschlossen wurde.
Die Einwohner waren nunmehr nur geduldet, ihr weniger Besitz wurde ihnen erst 1811 eigentümlich zugesprochen. Sie ernährten sich kümmerlich, und waren zusätzlich mit einem Heiratsverbot belegt. Wie in Ziegelhausen bearbeiteten sie ein kleines Stückchen Land und besaßen außer einigen Ziegen und ühner Hühnern selten ein Schwein, Den Unterhalt bestritt man durch Taglöhnern, Korbfechten, Holz- und Steinhauen.
Die Mühlen.
In Ziegelhausen fließen drei Bäche in den Neckar: Der Mausbach (mulspach) bei Stift Neuburg, der wasserreiche Steinbach, der aus zwei Quellbächen, dem Kreuzgrundbach und dem Peterstaler Bach besteht, die unterhalb Peterstal zusammenfließen. Östlich, gegen die Gemarkungsgrenze von Kleingemünd plätschert der Bärenbach, an dem 1775 die jüngste Mühle als Ölmühle erbaut wurde. Als älteste Mühle kann die Stiftsmühle bezeichnet werden, sie wird 1399 im Weistum von Handschuhsheim als
1692 erwähnt - die Mahl- Öl und Würzmühle, später "die Hosefelderei" Foto Fanz
Walkmühle erwähnt. Ihr folgen im Laufe der nächsten 400 Jahre weitere 13 Mühlen, die als Mahlmühle, Gewürz- oder Schleif, - Papier-, Schäl-, oder oft als Pulvermühlen betrieben wurden. Sie wechselten oft die Besitzer.
So erfahren wir von der ersten Mühle am Ausgang des Steinbachtals, daß sie innerhalb 200 Jahren 13 mal verkauft wurde. Die Besitzer waren nicht immer Müller, sondern ein Weißgerber, ein Handelsmann, ein Ziegeleibesitzer und ein Schreiner, der nach dem Eingehen der Mühle dort eine Möbelwerkstätte einrichtete. Wenn man sich die Kaufpreise ansieht, so wird klar, daß bei einem Preis zwischen 14- und 17.000 Gulden sich nur Begüterte ein Grundstück am Steinbach für den Bau oder den Kauf einer bestehenden Mühle leisten konnten. Auch wurden in einer Mühle außer dem Besitzer nur ein-oder zwei Mahlknechte oder Mühlenarbeiter eingestellt, so daß hauptsächlich die Männer auswärts, in der beginnenden Industrialisierung in Mannheim oder Ludwigshafen zur Arbeit gehen mußten.
Das Dorf der Wäscherinnen
Doch 1837 war ein spürbarer Wandel erkennbar: Das weiche Wasser des Steinbachs eignete sich hervorragend zum Waschen, es gab 72 Wäschereien, in Peterstal 30. Die Zahl der Wäschereien, - nicht nur Großbetriebe, sondern auch „Einefrau-Betriebe“ ernährten die Familie - , stieg an, sodaß bereits 1895 bei 3000 Einwohnern um die 500 Personen ihr Geld mit Wäschewaschen verdienten, wobei man die Kunden mit frischer Wäsche teils mit Pferdefuhrwerken und später mit dem Lastwagen bis nach Mannheim belieferte. Bis vor dem zweiten Weltkrieg zählte Ziegelhausen bei 230 Betrieben um die 1200 Beschäftigte. Doch mit dem Aufkommen der Waschmaschinen in Privathaushalten schon Mitte der 1950er Jahre nahm die Anzahl der Wäschereien rapide ab und schließlich schloß 2013 die letzte Großwäscherei. (siehe auch U,L.2016)
Kleinindustrie in "der" Bärenbach
Das weiche und saubere Wasser lockte auch Heinrich Stoeß an, der 1888 am Ausgang des Bärenbachtals eine alte Ölmühle kaufte und auf dem Grundstück eine Fabrik zur Gewinnung von Gelatine einrichtete. Ein Glücksfall für Ziegel-hausen, den anfangs wurden 30 und in den nächsten Jahren bis zu 200 Personen beschäftigt. Ab 1927 wurde die Fabrikation nach Eberbach verlagert (Gelita s.U.L.2019) und in den Räumen siedelte sich die Schokoladenfabrik Haaf an, die, wie auch Richard Kohnke, der Rettungsfallschirme produzierte und die Stickereimanufaktur Lindhorst, vielen Mädchen und Frauen Arbeit und Verdienst bot. Schließlich wurde in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts das ganze Areal mit Wohnhäusern bebaut, dem „Kleinen Dorf“.
Obrigkeiten
In den ersten Jahrhunderten nach Dorfgründung waren Amtshandlungen selten, die wenigen Vorfälle wurden, da auf Neuenheimer Gemarkung entstanden, auch dort verhandelt. Bis 1323, als der Kurfürst die Herrschaft Schauenburg von Mainz kaufte und damit auch das Dorf Neuenheim, war das Blutgericht Handschuhsheim zuständig. Doch Friedrich der Siegreiche nahm 1460 die Herrschaft Schauenburg an sich und damit gehörte Ziegelhausen zur Kurpfalz.
Zwei Gerichtsleute aus Ziegelhausen saßen dann beim Neuenheimer Dorfgericht, bis sich Ziegelhausen 1776 von Neuenheim trennte. Es legte sich ein eigenes Wappen zu: Ein rot gedecktes Ziegelhaus mit zwei Türen und zwei Rundfenstern. Als erster Bürgermeister ist um 1540 Jakob Simelbecker benannt.
Als Schul- und Rathaus diente in der Hauptstraße ein zweistöckiger Barockbau, aus der Zeit um 1700, der unter Bürgermeister Zundel „wegen Gefahr für Leib und Leben“ leider abgerissen wurde, doch vorher wurde ein ehemaliges Schulhaus von 1908 nach Umbau als Rathaus bis 1975 genutzt.
Pfarrer Schmezer, Wanderer zwischen Altstadt und evangelischer Kirche
Mit freundlicher Genehmigung des Kurpfälzischen Museums
Der Schuss von der Kanzel
Pfarrer Schmezer war ein ausgesprochener Kenner der Heidelberger Altstadt und verbrachte dort oft Abende und Nächte mit oder bei Freunden.Man glaubte aus Baden-Baden zu wissen, dass der "flotte" Freigeist Christoph Schmezer besser in der pfälzischen Provinz aufgehoben gewesen wäre. Allerdings war er auch ein Familienmensch: So erwarb er in Heidelberg eine Zündplättchen-Pistole zur Vertreibung der Vögel in den Weinbergen zur Schenkung an seinen Sohn. Schussbereit - da von einem entsprungenen Sträfling in der Gegend berichtet wurde - steckte er das Pistölchen in seine Rocktasche. - Eine Stunde vor Gottesdienstbeginn in Ziegelhausen wachte er in Heidelberg auf. Mit zeitlicher Müh und Not kam der Seelenhirte auf der Kanzel an und predigte mit allem Eifer. Am Ende griff er unbeabsichtigt in die Rocktasche und feuerte einen Schuss ab. "Das Haus ward voll Rauches" - so wird kolportiert, habe er gepredigt. Die Gemeinde jedenfalls war tief beeindruckt. Immerhin hielten die Gemeinde und der Pfarrherr es 35 Jahre lang miteinander aus. Und so hat er nahezu die komplette evangelische Hälfte des Dorfes verheiratet, getauft und begraben
Trad. / Klaus Fanz
Kirchen
Vor 1700 gab es auf dem Hahnberg eine Begräbniskapelle, dem Hl.Laurentius geweiht, doch im 30-jährigen Krieg zerstört. Nach der Reformation 1556 wurde den Reformierten die Stiftskirche des Klosters Neuburg zum Gottesdienst angewiesen. Nach Streitigkeiten übernahmen die Katholiken diese Kirche 1698.
Nach Gottesdiensten in Wirtshäusern u.ä. kauften die Reformierten das sogenannte Wolfsgut und bauten es 1733 zu einer Kirche um. Sie stand auf den Grundmauern des Schönauer Kornhauses am Neckar. Christoph Schmezer 1840-1874 - ging als der „flotteste Pfarrherr“ in die Geschichte ein. Doch durch Zunahme der Protestanten und besonders durch die jährlichen Hochwässer, die in die Kirche strömten, machten einen Neubau erforderlich. 1975 konnte man in die Kirche mit Kindergarten und weiteren Räumlichkeiten einziehen, die auf den Grundmauern der ehemaligen Correll`schen Hammerschmiede am Mühlweg erstanden waren.
Nach 1685 wurde die Kurpfalz wieder katholisch, so zogen die Katholiken wieder in die Stiftskirche ein. Gottesdienste wurden von Franziskanern oder Dominikanern abgehalten. Der spätere Pfarrer wohnte in Dossenheim, folglich mußten die Katholiken aus Ziegelhausen ihre Kinder zur Taufe dorthin tragen.
Um 1730 war die kath.Gemeinde schon auf 400 Seelen angewachsen, sodaß man schließlich nach Ankauf eines Grundstücks neben dem Schultheisenhaus 1737 mit dem Neubau einer Kirche begann, die wegen der ärmlichen Verhältnisse der Einwohner jedoch erst 1742 eingeweiht wurde. Im Laufe der Jahre erwies sich das Gotteshaus bald als zu klein. So wurde 1876 ein Anbau aus Sandstein errichtet. Doch 100 Jahre später erkannte man, daß das Gotteshaus an der Peripherie des Ortes stand und es keine Parkmöglichkeiten gab. So wurde in unmittelbarer Nachbarschaft des Ev.Kirchenzentrums zuerst ein Pfarrhaus mit danebenliegenden Räumen zur Geselligkeit und für die Jugend errichtet und vor der Jahrtausendwende eine Kirche mit daraufgesetztem Glockenstuhl an den Hang gebaut.
Die wenigen Einwohner von Peterstal wurden vom Pfarrer aus Heiligkreuzsteinach betreut, ihre Toten auch dort begraben. Die weiten Wege besonders des dortigen Pfarrers waren ausschlaggebend für den Bau einer kleinen Kapelle mit Friedhof 1738, für deren Bau und Unterhaltung sich der Glashüttenbesitzer Wenzel verpflichtete. Durch Verwendung von zum Teil minderwertigem Baumaterial - das Türmchen drohte einzustürzen, die Orgel zerfallen, wurde 1847 eine Bittschrift an den Großherzogl. Oberkirchenrath mit dem Ersuchen um Restauration gerichtet. Doch erst 50 Jahre später und nach weiteren Bittbriefen wurde mit dem Bau begonnen, aber erst nach Errichtung eines Schwesternhauses 1904 eingeweiht. ( siehe U.L.2013, S.101)
Katholische Pfarrkirchen St. Teresa und St. Peter- Foto Kirchengemeinde St. Laurentius
Schule
Um 1634 erfahren wir von Wünschen der Bevölkerung, daß die Jugend besonders unterwiesen würde. Als Lehrer fungierte oft ein Pfarrer, oder ein Schuldiener gleichzeitig als Glöckner. Es gab Schulen der evangelisch-reformierten Kirche und eine lutherische Schule, die Kinder der Katholiken wurden im Pfarrhaus neben der Kirche unterrichtet. In Peterstal wurde der Unterricht in der Wohnung des Lehrers erteilt, dann erbaute die Gemeinde ein Schulhaus am Peter-Wenzel-Weg, später wurde die Mühle umgebaut und schließlich folgte 1898 ein stattliches mehrstöckiges Haus mit Lehrerwohnung gegenüber der kath.Kirche.
1876 wurde die Vereinigung der evangelischen und katholischen Schulen in Baden verordnet und auch in Ziegelhausen eingeführt. Das führte zuerst zum Unterricht der oberen Klassen im Rathaus und schließlich zum Neubau der jetzigen Schule 1905. Ende der 50er Jahre konnte auch hier wegen der gewachsenen Schülerzahl kaum mehr unterrichtet werden und es kam 1960 zum Neubau der Steinbachschule an der oberen Peterstaler Straße.
Teil III Medizinische Versorgung, Eingemeindung, Promis und Ausblick
Die zunehmende Schülerzahl hatte auch seinen Grund im Zuzug der Heimatvertriebenen. Hatte Ziegelhausen mit Peterstal während des 2.Weltkrieges ca. 5000 Einwohner, so stieg die Zahl mit den 1270 Neubürgern , die in ehemaligen OT-Baracken lebten, 1952 auf 6.700. Dies hatte in den kommenden Jahren einen Bauboom zur Folge, wobei hauptsächlich in der oberen Hirtenaue, im Moselsgrund, am Köpfelweg , Sitzbuchweg, Oberen Rainweg und an der Wilhelmsfelder Straße neue Häuser, zum Teil als Nebenerwerbssiedlung entstanden. Weitere Großprojekte in den 50er Jahren waren der Neubau, der im Krieg gesprengten Neckarbrücke, als Nachfolge der 1914 erstellten 1. Brücke, die Steinbachhalle, die Erweiterung des Alten Friedhofes, die Umgehungsstraße entlang des Neckars und 1974 die Köpfelhalle.
Die Einwohnerzahl stieg bis 2018 auf 9.600 und blieb bisher konstant.
Die medizinische Versorgung der Dorfbewohner.
Bis zum Beginn der Neuzeit wird in Ziegelhausen, wie auch in anderen Dörfern üblich, der „Bader“ tätig geworden sein, der neben Haar- und Bartschneiden Zähne zog, Schröpfköpfe zum Aderlass setzte oder Klistieren einführte, wenn nicht die Hausfrauen oder „Kräuterweiblein“ mit ihren Hauskuren halfen.
Später gab es meist Wundärzte, die ihre chirurgischen Kenntnisse aus den Kriegen mitbrachten. In Ziegelhausen sind erst nach dem 1. Weltkrieg Ärzte bekannt. Doch Kranke wurden von den Niederbronner Schwestern und auch von evangelischen Schwestern gepflegt. Apotheken gab es nur in Heidelberg oder in Neckargemünd. Dorthin fuhr bis zur Errichtung der Kurpfalz-Apotheke wöchentlich eine Bürgersfrau, die die gesammelten Rezepte gegen eine Gebühr dort abholte.
Doch der Strukturwandel im Handwerks- und Gastronomiegewerbe hatte auch für Ziegelhausen danach Folgen:
Das Parkhotel Haarlaß schloß, die Gebäude wurden erweitert für die Firma SAS, ebenfalls gab das weithin bekannte Hotel Stiftsmühle auf, an deren Stelle entstanden Büros und Wohnungen. Weitere zehn Gastwirtschaften schlossen, darunter das älteste Gasthaus, der Ochsen, das auf Schönauer Grundbesitz zurückgeht. Mit der Kirche ist es heute Bestandteil des Senioren- und Jugendzentrums Die Kirche beherbergt das Textilmuseum Berk. Auf dem Areal des „Adler“ entstand ein Senioren-Pflegeheim. Somit bleiben der Bevölkerung als Restaurants nur das „Schwarze Lamm“ (geschlossen im August 2020) , der „Grüne Baum“ und das Hotel „Waldhorn“, Il Sogno im Kleinen Dorf, die „Klause“, die Pizzeria Capri, und das „Camino“ am Brunnen. (geschlossen 2019)
Auch aus Altersgründen gaben vier Metzgereien und zehn Bäckereien auf. Doch gibt es ein Diskountgeschäft als Vollsortimenter, in dem es alles für den täglichen Bedarf gibt, ergänzt durch eine Metzgerei, zwei Bäckereien und ein Obst- und Gemüsegeschäft.
Die Eingemeindung
Einschneidend für die Ziegelhäuser Bevölkerung war die zwangsweise Eingemeindung zur Stadt Heidelberg 1975. Die eigene Verwaltung mit in Jahrhunderten gewachsenen Strukturen sowie der persönliche Kontakt von Bürgern zum Rathaus hatte ein Ende. Bürgermeister Bollschweiler mußte seinen Abschied nehmen, für ihn gab als Ersatz eine Stelle in der Verwaltung unter Oberbürgermeister R. Zundel. Später wurden unter Oberbürgermeisterin Weber Bürgerämter eingerichtet, es gab und gibt ausgezeichnete Senioren- und Jugendzentren, die Köpfelhalle wurde fertiggestellt, auch entstand daneben ein Fußballplatz für die DJK-SG Ziegelhausen-Peterstal, der mit den Tennisplätzen und dem Schützenhaus das Sport- und Freizeitzentrum mit der Schwimmhalle darstellt.
Kulturelles - das Vereinsleben.
Daß die Kurpfälzer trotz harter Arbeit fröhliche Menschen waren und sind, geht aus den vielen Festen und Feiern hervor, deren Grundlage wiederum Vereine mannigfaltiger Art sind. Von den vielen Vereinen, teils geselliger Natur, die das Vereinssterben der 60er und siebziger Jahre überlebten, sind von den Gesangs-vereinsgründungen des 19. Jahrhunderts besonders die Liedertafel 1846 mit ihren verschiedenen Gliederungen zu erwähnen, es folgen der Liederkranz 1896, der Arbeiter-Gesangverein 1911, wobei beide fusionierten, und der gemischte Chor, die Concordia Peterstal, und seit 1995 der Teresa-Chor.
An Sportvereinen ist als ältester die Schützengesellschaft 1860 zu nennen , es folgen die TSG seit 1882, der Athletenclub Germania 1891 und die Fußballvereinigung DJK-FC Ziegelhausen-Peterstal 1926, weiter der Motorsportclub von 1956, der Angelsportverein Neckartal 1962 und schließlich der Tennisclub 1974, der LAV, Leichtathletik-und Ausdauersportverein.
Kulturell hervorzuheben ist der Verein Neckarhelle seit 1887, die Karnevalsgesellschaft 1913 und die Kolpingsfamilie. Für die Touristik ist seit über 100 Jahren der Verkehrsverein zuständig. Die Musikschule M.Tyroller gibt es seit 1994 und schließlich für die medizinische Versorgung das DRK 1994, das mit der DRK Handschuhsheim jetzt unter Heidelberg-Nord firmiert. Im Stadtteilverein sind, seit der Eingemeindung 1975 nach Heidelberg, die örtlichen Vereine und engagierte Mitbürger vertreten.
Ziegelhäuser Promis
Weit über die Region hinaus bekannt und geehrt sind Geisteswissenschaftler und Künstler, die hier erfolgreich tätig waren.
An erster Stelle sei die Försterfamilie Bronn erwähnt. In dritter Generation studierte Valentin Bronn, geb.1796, in Heidelberg, erwarb den Titel Dr.phil. und war u.a. Professor in Lüttich. Heinrich Georg Bronn, geb.1800, war naturwissenschaftlich tätig und ordentl. Professor in Heidelberg. Dr.Karl Christ, 1841-1927, bedeutender Altertumsforscher, hinterließ hunderte Schriften und Bücher, erstmals „Heimatkunde von Ziegelhausen“ 1925. Reinhard Hoppe, Rektor der Volksschule, Ehrenbürger, 1898-1974, führte sein Werk fort im „Dorfbuch Ziegelhausen 1940“, und „750 Jahre Ziegelhausen“, in seiner Hütte am Hahnberg schrieb der Romancier Rudolf Stratz (1864-1936), ebenfalls Schriftsteller war Hermann Buddensieg (1893-1976). Johannes Brahms weilte im Sommer 1975 im Hause des Malers, Sängers und Dirigenten Anton Hanno, (1809-1881) . Ilse Rohnacher war geschätzte Autorin und Mundartdichterin (1926-2016), und schließlich feierte „Am Büchsenackerhang“ Hans Georg Gadamer, Prof. Dr.phil. 2002 seinen 102.Geburtstag. Als genialer Zeichner ist Joachim Lutz hervorzuheben, der 1954 mit nur 48 Jahren verstarb. Will Sohl`s schöne Glasfenster und herrliche Aquarelle beeindrucken noch heute, (1906-1965), Dessen Söhne, Pieter (1933-2018) war Maler und Bildhauer, sein Bruder Ole einer der besten Silberschmiede, führten die künstlerische Familientradition fort. Und schließlich Uwe Wenk-Wolf, dessen Stärke Entwürfe für Glasfenster sowie Holzschnitte waren. Seine Frau, Urd v.Hentik, fertigte beeindruckende Bildteppiche.
Ausblick.
Mit der Eingemeindung nach Heidelberg 1975 wurde Ziegelhausen die Eigenständigkeit genommen: Als einer von vielen Stadtteilen besitzt es keine eigene Verwaltung mehr, zuständig z.B. für Verkehr, Wasserversorgung, Standesamt, Bauwesen, ist allein die Stadt mit ihren verschiedenen Ämtern. Viele Zuständigkeiten führen zu Entscheidungen, die nicht immer im Sinne der Einwohner sind und oft zu langen Verzögerungen der Maßnahmen führen, kurz: Der direkte Draht wie früher fehlt. Lediglich der Bezirksbeirat kann! Empfehlungen ansprechen. Die Bürger des Stadtteils sind gut beraten, durch den Erhalt des Brauchtums – Sommertags-, Fastnachtsumzug- sowie St. Martinszug – und Vereinspflege einen Zusammenhalt zu bilden, der Ziegelhausen einen vorderen Platz innerhalb Heidelbergs, besonders als Erholungsort im Neckartal sichert.
Politische Vertretung von Ziegelhausen
Von 48 Gemeinderäten der Stadt Heidelberg sind derzeit (2020) sieben aus Ziegelhausen. Dies entspricht ca 14% im Vergleich zum Bevölkerungsanteil (6,7%). In diesem Fall ist Ziegelhausen überrepräsentiert. Dies beruht aber darauf, wie die Parteien ihre gesamtstädtischen Kandidatenlisten für die Gemeinderatswahl personell zusammenstellen, ein Proporzsystem oder örtliche Räte gibt es nicht. Aktuell haben 2 CDU-, 2 SPD-, 1 Linke-, 1 FVW- 1 Grünen- Gemeinderat*in ihren Wohnsitz in Ziegelhausen. Als "Seismographen" vor Ort gelten die Bezirksbeiräte, die sich aus dem örtlichen Parteienergebnis rekrutieren. Sie haben aber nur Kommentar- und Empfehlungsaufgaben, Entscheidungen fallen hier keine. (4 Grüne, 3 CDU, 2 SPD,1 FWV, 1 FDP, 1 Linke,1 Heidelberger, 1 AFD). K. Fanz
Erich J.Lehn
Quellen:
Dr.Karl Christ, Heimatkunde Ziegelhausen 1925,
Reinhard Hoppe, Dorfbuch 1940 sowie 750 Jahre Ziegelhausen, überliefertes Wissen der Einwohner .
Erich.J.Lehn Naturschutzwart-Autor in Ziegelhausen Erich.Lehn@web.de
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