90 creuzer vnd ein schejt holtz

[Klaus Fanz, ehemaliger Lehrer und Schulleiter - und Ziegelhäuser.]

Die Schule in Ziegelhausen - Peterstal

 

Schule war früher nicht gratis. Bis vor wenigen Jahren hörte man oft: "Lass Dir Dein Schulgeld zurückzahlen!" Und - gemeint waren dabei nicht nur Lateinschulen oder Bürger- oder Klosterschulen, sondern auch die konfessionellen Vorgänger der Simultan- oder Volksschulen.

Analog zu den Konfessionen gab es ab dem 17. Jahrhundert 3 Schulorganisationen:

  • die katholische
  • die lutherische
  • die reformierte

Gehalten wurde der Unterricht anfänglich in den jeweiligen Pfarrhäusern oder auch Privathäusern. Lehrende waren die Pfarrer und absolutes Kernfach war Religion (Kathechismuskunde auf evangelischer Seite). Wurde den Pfarrern diese "Nebentätigkeit" zuviel, wurde ein "Unterlehrer" bestellt, der aber mit diesem "Gehalt" weniger als ein Tagelöhner erhielt. Die Unterlehrer fand man dann als Gerichtsschreiber, Glöckner, Gemeindediener wieder. Mithin - der Unterlehrer war einer der drei Schriftgelehrten im Dorf, eine Autoritätseigenschaft, die bis ins letzte Jahrhundert hielt.

Oft gab die politische Gemeinde ein paar Scherflein hinzu: Freie Wohnung, Beteiligung am "Schulgut" und bis 1845 mussten die Kinder pro Jahr "90 creuzer vnd 1 schejt holtz" mitbringen. Das "Schulgut" in Ziegelhausen lag am "Schulberg". Dort wurde gepflanzt und geernted - auch für Lehrers Küche. 
Die Anwesenheit der Kinder war nicht verpflichtend, je nach Lage der Ernte, der Arbeit zuhause oder in Wald und Feld oder gar in Betrieben (Kinderarbeit) kamen die Schüler oder auch nicht. Die Schulpflicht wurde bis ca. 1876 eingeführt, hauptsächlich auf Betreiben preußischer Militärs, die einem personellen Qualitätsverlust ihrer Soldaten durch Analphabetismus Kinderarbeit  oder Unvollkommenheiten im Rechnen zuvor kommen wollten. Diese Jahre waren die Zeit der politischen Angriffe des Reichskanzlers Bismarck auf bevormundende Machtausübung der 

Lutherische Kirche - Heidelberger Straße 67 , ab 1822 auch als Schule genutzt. - dann Abriss 1966 Foto Martus / Hoppe
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Erstes Schulhaus, Hauptstraße - von der katholischen Gemeinde erbaut, später Rathaus Foto Martus / Hoppe
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Kirchen, besonders der römisch-katholischen. Die Einführung der Zivilehe, die Möglichkeit der Scheidung, die ausschließliche Führung von Personendaten durch staatliche Standesämter fielen in diese Zeit, so auch die Schulpflicht und auch die Gemeinschafts- damals "Simultanschule" genannt. Alle Kinder, ob katholisch oder evangelisch-protestantisch, Jungen oder Mädchen wurden gemeinsam unterrichtet. 

Erstes Schulhaus in Ziegelhausen war das spätere Rathaus, das die katholische Gemeinde schon für ihre Kinder gebaut hatte, erst 1905 wurde in der Peterstaler Straße ein großes Schulhaus gebaut.
In dieser Volkschule wurden die Jahrgangsklassen 1-8 unterrichtet anfänglich meist von männlichen Lehrern, Hauptlehrern, 1. Lehrern und Oberlehrern, später Rektoren genannt, von denen fünf genannt sein sollen:

  • Reinhard Hoppe (1956 - 1964)
  • Nikolaus Göbel (1964 - 1969)
  • Paul Schick (1970 - 1993)
  • Ewald Klein (1993 - 2005)

Das Schulhaus der heutigen Neckarschule wurde immer enger, so dass man mit einigen Klassen auf die Baracke auf dem Kuchenblech auswich und 1960 mit der neuen Steinbachschule die Kinder aus dem nördlichen Teil dorthin schicken konnte. Es existierte ja noch die Zwergschule in Peterstal (heutiger Kindergarten). Mit Beginn der 70-iger Jahre wurden alle Ziegelhäuser und Peterstaler Volksschüler der Klassen 5-9 in die Steinbachschule geschickt.
An Ostern 1962 meldeten sich aus Heidelberg und Umgebung ganze 9% der Viertklässler für den Besuch eines Gymnasiums. Die allermeisten Kinder blieben also im Dorf. Übrigens setzte sich das Ende der körperlichen Züchtigung von Schülern durch, die seit 1964 verboten war. Der Autor jedenfalls kam sowohl in der Ziegelhäuser Grundschule als auch in der Oberrealschule Heidelberg noch in den "Genuss" dieser "erzieherischen Maßnahmen. "

Neckarschule - erbaut 1905 Foto Fanz
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Steinbachschule - erbaut 1960 Foto Steinbachschule
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Mit Beginn der 70-iger Jahre begann überall in Deutschland der Bildungsaufbruch: Lehrer wurden an Hochschulen akademisch ausgebildet, kamen in die Gehaltsklassen A11, A12, außerdem wurde 1966 das neunte Volksschuljahr eingeführt. Die Volksschulklassen  wurden  in sogenannte "A und B- Züge" differenziert, aus den A-Zügen entstanden oft Realschulen - nicht in Ziegelhausen, dafür war Heidelberg zu nah, obwohl die Stadt gut daran getan hätte ihren neuen Stadtteil durch eine Realschule oder ein Gymnasium aufzuwerten.

Die Schülerzahlen in den Jahrgängen 5-9 nahm aber dann auch in Ziegelhausen  rapide ab.  Dies endete 2007 mit der Zuweisung der wenigen verbliebenen Jugendlichen in die Heiligenbergschule nach Handschuhsheim. Inzwischen hatte die "Übergangsquote" in Gymnasium in Heidelberg längst die 60%-Marke genommen. Seit dem Schuljahr 2007/2008 gibt es nur noch die "Grundschule Ziegelhausen" in zwei Standorten, der Neckarschule und der Steinbachschule. Die "Übergangsquote von Viertklässlern nach Heidelberg liegt nun bei 100%". Die Schule wird seit 2010 von Frau Claudia Schicht geleitet.