Am Griehdunnerschdag is der Ommi kumme

Donnerstag, der 29. März 1945, ein schon ausgeprägter warmer Frühlingstag, 3 Tage vor Ostern und für Ziegelhausen ein bedeutsames Datum – vor 80 Jahren.  Die Großmutter berichtete uns Nachgeborenen noch Jahrzehnte danach über diesen Tag, obigen Satz aussprechend und der Großvater erklärte die perlenschnurartigen Einschüsse von Maschinengewehrkugeln an der Wand der Stallung, die amerikanische Soldaten drohend in schlecht einsehbare Hofeinfahrten abfeuerten.

Die siebte amerikanische Armee bewegte sich von Norden kommend entlang der Bergstraße auf Heidelberg zu. Dabei wurden auch die Odenwaldtäler besetzt. Über das Schriesheimer Tal, Altenbach und Wilhelmsfeld gelangte eine Militärkolonne in die Gegend um den Langen Kirschbaum, wo deutsche Truppen und Volkssturm seit Tagen Panzersperren aufgebaut hatten. Beim Versuch, die Panzer aufzuhalten, verlor der junge Ziegelhäuser Wilhelm Müller sein Leben. Die Panzerspitze gelangte dann über den Glashütter Wald und den heutigen Waldsportplatz sowie den Peter-Wenzel-Weg ins Tal und traf dort auf wehende weiße Bettlaken – Zeichen des Nichtwiderstands, der Kapitulation. *1)
Im Rainweg 24 aber gab es Grund zur Freude: Die dort bei Frieda und Mathias Müller versteckten jüdischen Herzbergs aus Mannheim erlebten mit dem Motorenlärm das ersehnte Ende ihrer Verfolgung. Sie waren frei!

Paul Meuter *2) berichtet über ein tragisches Ereignis auf der Höhe des Mühldamms: Vier verbliebene Wehrmachtssoldaten schossen mit Gewehren auf die Panzer. Sie richteten nichts aus aber der Gegenangriff der Amerikaner beendete das Leben der vier auf den Bücksenacker Fliehenden.

Meinem Großvater, einem „Volksturmmann“ von über 50 Jahren, war befohlen worden, auf dem Büchsenacker beim Herannahen des Feindes einen Schuss abzugeben. Das hatte sich nun aber erledigt und der Großvater sputete sich hinunter ins Tal – ohne Gewehr und weiße Armbinde.

 

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Auf der Neckarsüdseite in Schlierbach um den Bahnhof regte sich noch deutscher Widerstand. Noch bestand die Mär von der „Alpenfestung“, wo sich die Allierten die Zähne ausbeißen sollten und so sollte der Weg dorthin verhindert oder erschwert werden.

Gegen 17 Uhr erreichte die Panzerspitze durch die Hauptstraße den Platz vor der katholischen Kirche, sinnigerweise Adolf-Hitler-Platz benannt, und wurde dort von gewaltigen Detonationen empfangen: In Schlierbach verbliebene Wehrmachtsangehörige hatten die Neckarbrücke gesprengt. – Jahre später trug eine damalige Bewohnerin der Heinrich-Stoess-Straße einen Granitstein bei einem Umzug als Erinnerung mit sich. Er war bei der Sprengung in ihr Schlafzimmer geschleudert worden. – Ein amerikanischer Soldat verlor nachfolgend bei einem Schusswechsel an der zerstörten Brücke sein Leben.

Karfreitag, der 30. März 1945 - Artilleriegefecht über den Neckar *3)

Deutsche Artillerie nahm das Quartier um die „Karl-Pflaumer-Straße“ (heute Brahmssstraße), Hch.-Stoess-Straße (heute Kleingemünder Straße), Schönauer Straße, Schulbergweg und Karl-Christ-Straße unter Feuer. Dabei verloren auch zwei Zivilisten am Hahnberg ihr Leben.
Letztlich eine unnötige Verzweiflungstat, denn die Amerikaner machten diesem Widerstand ein schnelles Ende, zumal inzwischen die amerikanische 44 th Infantry – Division in Heidelberg übergesetzt hatte.

Klaus Fanz

Literaturhinweise:
*1) Heinz Siegmann (*1936) in „Die Vier vunn da Stoabach“ – W. Vater, HD-Ziegelhausen, 2024, S 42
*2) Paul Meuter (†2024) in „Die Vier vunn da Stoabach“ – W. Vater, HD-Ziegelhausen, 2024, S 43
*3) Reinhard Hoppe (1898-1974) in „750 Jahre Ziegelhausen“, Heidelberg 1970, S 172