Ziegelhäuser Neckarbrücke
[Der folgende Artikel wurde der Chronik „750 Jahre Ziegelhausen“, HVA 1970 von Reinhard Hoppe (1898 - 1974, Schulrektor in Ziegelhausen, Heimatforscher) entnommen. Veröffentlichungsrechte liegen beim Stadtteilverein Ziegelhausen - Kopieren nicht gestattet - , Schlusssätze von Klaus Fanz]
Die Neckarbrücke
Die ursprüngliche Verbindung mit Heidelberg ging über die Alte Brücke daselbst. Auf ihr ruhte bis zur Erstellung der neuen Friedrichsbrücke (jetzige Theodor-Heuss-Brücke) im Jahre 1877 ein Brückenzoll. Dieser war von Personen und von Fuhrwerken zu entrichten und betrug für eine Person 1 Kreuzer. Nach den „Heidelberger Neckar-Brücken-Ordnungen" von 1701 und noch von 1789 war das Brückengeld für die Einwohner von Ziegelhausen ermäßigt: „Die Ziegelhäuser Einwohner aber zahlen jedesmal nur die Hälfte: also nur 2 Pfennig." Eine Ausnahme machte auch das Stift Neuburg. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erlangten die Jesuiten Befreiung vom Brückenzoll gegen Zahlung von ein Pfund Heller für sich und ihre Fuhren in alle Zukunft.
Die erste Fähre
Seitdem im Jahre 1862 die Neckartalbahn gebaut wurde, zog sich der Verkehr immer mehr auf die andere Seite zur Haltestelle Schlierbach, von wo den vielen Arbeitern und Wäschern von Ziegelhausen Gelegenheit gegeben war, zu ihren Arbeitsstätten in Heidelberg und Mannheim zu fahren.
Hier wurde zunächst eine Nachenverbindung eingerichtet, die von der Frau eines Steinbrechers, Katharina Odenwald, betrieben wurde. Doch die Nachenverbindung konnte den immer stärker werdenden Verkehr nicht bewältigen. Deshalb erstellte die Stadt Heidelberg eine Fährverbindung. Die erste Wagenfähre, im Volksmund die „Näh" (lateinisch navis = Schiff) genannt, war 1872 von dem Schiffsbauer Kraus in Neckargemünd aus Holz erbaut. An einem Drahtseil, das oberstrom im Fluß verankert war und auf Schwimmern und mehreren „Buchtnachen" lag, war sie befestigt und fuhr in schräger, sogenannter Gierstellung von der Kraft des fließenden Wassers getrieben, über den Neckar (Abb. 42). Sie wurde jeweils drei Jahre an einen Fährmann verpachtet. Fährleute waren bis 1875 Sutter aus Schlierbach, von 1875 an Knobel aus Ziegelhausen, 1881-1894 Karl Bommer von Schlierbach, 1894-1897 Martin Rohrmann, 1897-1914 die Brüder Karl, Wilhelm und Georg Bommer.
Im Jahre 1885 wurde die altehrbare hölzerne Fähre durch eine eiserne ersetzt, die in Frankenthal erbaut und 1906 durch eine neue Fähre aus Neckarsulm abgelöst wurde. Die erste Fähre kostete 12 000 Mark, die zweite 13 000 Mark. Der jährliche Pachtzins betrug im Jahr anfänglich 2500 Mark, später 3600 Mark und von 1898 ab 5400 Mark.
Auf den Protest der Gemeinde Ziegelhausen wurde der ursprüngliche Überfahrtspreis von 3 Pfennig für die Person auf 2 Pfennig herabgesetzt. Die weiteren Überfahrtspreise waren, ein Einspänner 18 Pfennig, Zweispänner leer 24 Pfg., geladen 34 Pfg., ein Pferd 12 Pfg., eine Kuh mit Mann 9 Pfg., eine Droschke leer 34 Pfg., mit 4 Personen 1 Mark, Handwagen 12 Pfg., leer 9 Pfg., Schubkarren 6 Pfg.
Es kam jedes Jahr des öfteren vor, daß der Fährbetrieb dieser „Näh" wegen Hochwasser, Eisgang oder auch Reparatur einige Zeit, meist 1-2 Monate, eingestellt werden mußte. Das war jedesmal bei dem plötzlichen Auftreten der Sperre eine empfindliche Störung, so daß bald der Bau einer festen Brücke in Erwägung gezogen wurde, ein Gedanke, der besonders durch die einheimischen Fabrikbetriebe begünstigt wurde. Da sind in erster Linie die große Dampfziegelei Kühner & Komp., dann die Pfeifersche Zigarrenfabrik, die Bürstenfabrik Wißler und die Gelatinefabrik Stoeß zu nennen, die ihre Erzeugnisse jederzeit zum Bahnhof Schlierbach bringen wollten.
Auf Anregung der Ziegelei Kühner fertigte der Großherzogliche Oberingenieur Friedrich Stolz 1897 den Entwurf einer Brücke an, die mit eisernen Gitterträgern auf zwei Wasserpfeilern über den Fluß führen sollte. Die Fahrbahn war mit 5,20 m Breite vorgesehen, woran sich noch zwei Fußgängerstege außerhalb anschließen sollten. Der Entwurf rechnete mit einem Kostenaufwand von 300 000 Mark.
Die Denkschrift mit den Plänen wurde 1899 der Zweiten Kammer des badischen Landtages vorgelegt, aber es erfolgte keine Entscheidung. 1904 und 1906 wurden wieder Bittschriften vorgelegt, desgleichen 1909 und 1910, doch niemals kam es zu einem Ergebnis, obwohl sich die politischen Parteien einsetzten, die Presse das Projekt aufgriff und die Stadt Heidelberg ihre Beteiligung an den Kosten versprach. 1910 wurde der Brückenbau wieder ins Auge gefaßt. Bis aber die Kostenbeteiligung im einzelnen festgelegt war, vergingen nochmals einige Jahre, so daß erst 1913 mit dem Bau begonnen werden konnte. Nach kurzer Bauzeit wurde dann am 22. März 1914 endlich die Brücke eingeweiht (Abb. 44). Inzwischen war man von einer Eisenträgerbrücke abgekommen und baute nach einem Plan von Regierungsbaurat Fuchs eine Brücke mit Eisenbetonträgern, die in Anlehnung an die Alte Brücke in Heidelberg mit Sandsteinquadern verkleidet wurden (Abb. 43).
Der Standort der Brücke war dadurch bestimmt, daß die beiderseitigen Zufahrten hochwasserfrei liegen mußten. So schied die Möglichkeit, die Brücke ins Steinbachtal zu führen, von vorneherein aus. Das Projekt von 1897 hatte den Platz der alten Fähre vom Haus Egenolff, dem alten Schlierbacher Bahnhof (dem jetzt abgerissenen Hause Schlierbacher Landstraße 168), zum alten Rathaus in Ziegelhausen (Hauptstraße 34). Aber bereits damals wurde erkannt, daß auch hier die Fahrbahn der Brücke nur 1,50 m über Hochwasserhöhe lag. Deshalb wurde 1913 der einzig mögliche Platz vor dem jetzigen Bahnhof Schlierbach-Ziegelhausen gewählt.
Die Brücke hatte zwei Strompfeiler und wurde in drei Flußöffnungen mit lichten Weiten von 40,10 m, 41,50 m, und 40,10 m über den Neckar geführt, das Ziegelhäuser Vorland durch zwei Bogen von 26,70 m und 19 m Weite überquert. Auf der Schlierbacher Seite wurde die Landstraße durch einen besonderen Bogen unter der Brücke hindurchgeführt. Auf der Brücke waren die Schienen und Oberleitung der elektrischen Straßenbahn verlegt, die bis nach Ziegelhausen weiter geführt werden sollte.
Honoratioren samt Dampfwalzen bei der Belastungsprobe 1914 Foto Archiv Hoppe
Die Brückenbreite betrug 8 m. Hiervon entfielen auf die Fahrbahn 5,20 m und auf den flußabwärts gelegenen Gehweg 2,20 m. Die Tragfähigkeit sah eine Belastung durch eine 16 t Dampfwalze vor (Abb. 45). Die Kosten betrugen 400 000 Mark. Bei der Gründung der beiden Strompfeiler stieß man auf Schwierigkeiten. Während der südliche Pfeiler der Schlierbacher Seite auf festem Granit aufgesetzt werden konnte, erwies sich der Untergrund für den Nordpfeiler nicht tragfähig. Da hier die aus dem Steinbachtal zur Orthopädischen Klinik ziehende Verwerfung durchzieht, war das Gestein zermürbt. Eine Menge Geröll und Ton, sowie ein darin steckender Eichenstamm wurden ausgeräumt und noch kein festes Gestein gefunden. Der Pfeiler wurde daher auf einen Pfahlrost gestellt. 103 harzreiche Kiefernstämme von 30-35 cm Durchmesser aus dem Schönauer Wald wurden eingerammt und darauf der Pfeiler aufgebaut.
Neue Brücke 1913
Nach einigen Jahren aber setzte sich der Pfeiler etwas, so daß die Firma Grün und Bilfinger im Jahre 1916 zur Sicherung eine eiserne Spundwand und einen Betonring um den Pfeiler ziehen mußte. Ein weiteres Sinken war von da an nicht mehr zu beobachten. In Form und Ausführung war eine Brücke entstanden, die sich harmonisch in die Landschaft des Neckartales einfügte und den Erfordernissen des damaligen Verkehrs gewachsen war.
Die Brücke' hatte nur eine Lebensdauer von 31 Jahren, da sie am Gründonnerstag, dem 29. März 1945 nachmittags 17 Uhr beim Einmarsch der Amerikaner gesprengt wurde.
Die Brückensprengung
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden während der Rückzugsbewegungen die Flußübergänge gesprengt, um den Vormarsch des Feindes zu verzögern. Dabei wurden aber keine militärischen Sprengungen vorgenommen, sondern die Brücken und mit ihnen die Versorgungsleitungen, die meist über sie führten, wurden restlos vernichtet.
Am Aschermittwoch, dem 21. Februar 1945, wurden von Pionieren die Sprengmittel auf der Brücke eingebaut und vom Volkssturm bewacht. Der damalige Bürgermeister Kuno Grether versuchte eine Sprengung der Brücke zu verhindern. Seine Bemühungen waren aber vergeblich. Als am 29. März die amerikanische Panzerspitze die katholische Kirche erreicht hatte, wurde die Sprengung ausgelöst. Eine ungeheuer starke Detonation erfolgte und langsam sanken die drei Brückenbogen in den Fluß. Der südliche Strompfeiler, der durch einen Betonierungsfehler beim Bau mit seiner Gründung nicht fest verbunden war, legte sich dabei nach der Strommitte um. Das Werk, um das Generationen gerungen hatten, war in Bruchteilen einer Sekunde vernichtet.
Sämtliche Dächer der Nachbarshäuser wurden von der Detonationswelle abgedeckt und im weiten Umkreis die Fensterscheiben zerstört. Die Türen der Häuser wurden samt den Rahmen aus den Wänden gerissen und mächtige Sprengbrocken über die Gärten geschleudert. Ein Schaden war entstanden, der erst nach vielen Monaten wieder behoben war.
Hermann Buddensieg erlebte diese Schrecken:
Aber Du liegst in Trümmern,
Die Du uns lieb, Brücke von Ziegelhausen.
Die Erde bebte, grollend ob der Freveltat,
Und mächtig schotterte die Luft.
Wer je Dich von der Höhe sah,
Wie leicht Du, einem Vogel gleich,
Dich schwangst zum andern Ufer hin
Im Kranz der Wälder,
In des Flusses Blinken,
Vergißt Dein Bild wohl nie,
Brücke von Ziegelhausen.
Vieltausendmal entzückte uns
Der Blick von Dir ins Tal,
Wenn wir die Ebene ahnten,
Schauten wir gen Abend,
Und Dich gen Morgen Berge überthronten.
Oft stand auf Dir der Taggeplagte still,
Und Wagen rollten mühlos hin und wider.
Auch Du wirst wieder
Schön wie einst
Erstehn.
Die Bewohner machten sich sogleich daran, die gröbsten Schäden auszubessern. Fensterglas war bald nicht mehr zu bekommen, deshalb wurden die Fenster mit Sperrholz oder Pappe verschlossen. So dauerte es noch lange Monate, bis die Scheiben überall erneuert waren.
Im Laufe des Jahres 1945 ging man daran, die Fahrrinne im Neckar auszuräumen, um die Schiffahrt wieder in Gang zu bringen. 2000 t Schutt mußten dabei Stein um Stein aus dem Neckar geholt werden.
Durch die Zerstörung war Ziegelhausen von jeder Gas- und Stromzufuhr abgeschnitten, auch ein Fernsprechverkehr war nicht mehr möglich. Es bedurfte großer Mühe, um alle Anschlüsse wieder herzustellen.
Als erstes wurde wenige Meter unterhalb der Brücke eine elektrische Freileitung auf hölzernen Masten über den Neckar gespannt. Erst viele Monate später konnten die Gas- und Telefonanschlüsse wieder hergestellt werden. Beim Aufräumen des Flußbettes kam es mehrfach vor, daß die elektrischen Freileitungsdrähte rissen, wenn die Trümmer gesprengt wurden. Um die Drähte zu sichern, verlegte man nun die Leitung weiter westlich neben das Anwesen von Tünchermeister Schaller in der Brahmsstraße. Dabei wurden eiserne Gittermasten auf einen Betonsockel gestellt. Die neue Leitung führte außerdem höher über den Fluß, so daß keine Gefahr mehr für Masten und Schornsteine der durchfahrenden Schiffe bestand.
Die Fledermäuse
Die Konstruktion der ersten Neckarbrücke wies auf der Nordseite bei der Flutbrücke zwischen Brückenfahrbahn und dem niederen Landpfeiler große Hohlräume auf, die außer durch Einsteigschächte auch durch Mauerspalten zugänglich waren. Diese Mauerlücken benützten schon vor der Zerstörung einzelne Fledermäuse als gut geschützte Schlafplätze. Nach der Brückensprengung aber waren diese Hohlräume gegen den Neckar zu gleichsam durch ein hohes Tor zugänglich geworden. In immer steigendem Maße flogen nun hier in lautlosem Flug die Tiere ein.
1947 - Nach der Zerstörung Foto Archiv Hoppe
Brückenersatzverkehr bei der Adler - Überfahrt Foto Buhl / Hoppe
Ungestört hingen sie tagsüber an der Decke und hielten dort sogar ihren Winterschlaf.
Von dem Zoologen Rudolf Jander wurden unter der Brücke ein halbes Dutzend verschiedene Fledermausarten festgestellt. Vor dem Abbruch dieses Brückenrestes beim Wiederaufbau beringte er einen Teil der Fledermäuse und stellte dadurch fest, daß die Ziegelhäuser Fledermäuse ihren Aufenthalt unter der Brücke mit den Schlafplätzen im Schloß austauschten.
In der Zeit vor der Währungsreform wollte einmal ein geschäftstüchtiger Einwohner in dem durch die Sprengung freigelegten Gewölbe des Landpfeilers eine Erfrischungsstätte einrichten. Dieses „Cafe Fledermaus" wäre ein Anziehungspunkt geworden, besonders für alle Blumenliebhaber, die sich hier mit feinstem Fleder-maüsguano hätten eindecken können. Die Masse der Fledermäuse produzierte nämlich Unmengen von Guano, der in dicker Schicht den Gewölbeboden bedeckte.
Der Abbau des Brückenrestes brachte die Fledermäuse in Gefahr. Als die Brückendecke mit lärmenden Baumaschinen befahren und die Fahrbahn mit Preßlufthämmern aufgerissen wurde, verließen die gegen Erschütterungen empfindlichen Fledermäuse ihre altgewohnten Schlafplätze und bezogen andere auf dem Heidelberger Schloß. Eine Kommission mit dem Leiter der Kreisnaturschutzstelle, Stadtschulrat Wolf, stieg in den Schacht ein, um etwaige verbliebene Fledermäuse einzusammeln und an einen sicheren Ort zu bringen. Sie mußte aber feststellen, daß sämtliche Tiere alle Plätze bereits verlassen hatten.
Neue Neckar-Überfahrt
Nach der Sprengung der Brücke wurde als erste Verbindung mit dem anderen Ufer zunächst eine Nachenüberfahrt zur Personenbeförderung eingerichtet. Oberhalb der Brücke, zwischen der Gutleuthofkapelle im Schlierbach und der einstigen Wirtschaft „Zum Neckartal" (Brahmsstraße 9) ruderte der Schlierbacher Schiffmann Georg Rohrmann über den Neckar Treu zur Seite standen ihm die Einwohner Fritz Hauck, Peter Hertel und Erich Obländer. Die alte Adlerüberfahrt wurde von Fährmann Georg Müller betrieben. Beim Jägerhaus setzte der „Hannes", Johann Wolf, über, bei der Stiftsmühle Otto Rohrmann von Schlierbach und bei Haarlaß Friedrich Lochner von Schlierbach.
Zunächst vollzog sich die Überfahrt im Handbetrieb. Trotz schlechter Ernährung ruderten die Fährleute unermüdlich von früh bis zur abendlichen Sperrstunde. Schwierig gestaltete sich die Überfahrt, wenn Eisschollen zu Tal trieben oder der Neckar durch Hochwasser hoch angeschwollen war. Fährmann Rohrmann zog daher ein Fährseil über den Neckar und benützte die Strömung, um seinen Nachen in Gierstellung über den Fluß zu bringen. 1946 wurden dann Motorboote eingesetzt.
Durch diese Überfahrtsbetriebe konnten aber nur Personen befördert werden. Wagen mußten den Umweg über die Kriegsbrücke in Heidelberg nehmen. Als nach und nach immer mehr Einwohner zur Arbeit nach Heidelberg gingen, war der Andrang zur überfahrt sehr groß und viele mußten am Abend lange warten, bis sie übergesetzt werden konnten. Schon in der ersten Sitzung des Bürgerrats konnte Bürgermeister Otto Hug über seine Verhandlungen wegen einer Wagenfähre berichten. Bei der Waggonfabrik Fuchs in Heidelberg-Kirchheim wurde dann eine Fähre von 16 m Länge mit 32 Tonnen Tragfähigkeit in Auftrag gegeben. Am 22. April 1946 konnte die erste Fahrt gemacht werden. Wegen der starken Strömung erhielt die Fähre einen Elektromotor der Heidelberger Straßenbahn, der sie an einer im Neckar liegenden Kette über den Fluß zog. Jetzt war es möglich, den Massenandrang flott abzuwickeln und Fahrzeuge jeder Art über den Fluß zu bringen. Natürlich steckte die Neukonstruktion noch in den Kinderschuhen. So kam es vor, daß manchmal Pannen eintraten. Bei starkem Westwind trieb die Fähre anfänglich neckaraufwärts, was aber durch eine Unterstromverankerung behoben wurde. Ab und zu riß auch einmal die Fährkette oder setzte der Motor aus, so daß die Fähre mitten auf dem Neckar stehen blieb und die Fahrgäste mit einem Nachen ans Ufer gerudert werden mußten. Mit der Zeit wurden jedoch diese Mängel abgestellt. Die Gemeindefähre versah ihren Dienst bis zur Einweihung der wieder hergestellten Neckarbrücke am 12. Dezember 1954 zur Zufriedenheit aller.
Der Wiederaufbau der Neckarbrücke
Nachdem die Neckarüberfahrt für Personen und Fahrzeuge durch Boote und die Fähre zunächst gesichert war, konnte man an den Wiederaufbau der Neckarbrücke denken und die Planung vornehmen.
Nach dem Vorentwurf durch den damaligen Leiter des städtischen Tiefbauamtes Heidelberg, Baudirektor Dr. Albrecht, wurde die Ausführung dem Ingenieurbüro Dr. ing. Fritz Leonhard, Stuttgart, und der Firma Hans Vatter, Mannheim-Heidelberg, übertragen.
So entstand in den Jahren 1953 und 1954 eine Spannbetonkonstruktion mit einer 62 m weit gespannten Mittelöffnung und zwei Seitenöffnungen von je 43 m, denen sich am Nordufer eine zweifeldrige Flutbrücke mit 21 und 18 m Spannweite anschloß.
Der Südpfeiler konnte wie der der ersten Brücke auf festem Granit gegründet werden, beim Nordpfeiler traten aber besondere Schwierigkeiten auf, die durch die hier durchziehende Gesteinsverwerfung bedingt sind. Unter der Fundamentsohle wurde in vier Meter Dicke zerklüfteter und verkarsteter Zechsteindolomit angetroffen. In seinen Taschen befand sich weicher Ton und Manganerz (Manganmulm). Mit neuen Tiefbohrungen wurde darunter noch 3 Meter Rotliegendes erbohrt, aber der feste Granit nicht erreicht. Deshalb wurde die alte Pfeilergründung mit verwendet und durch eine wesentlich vergrößerte Stahlbetonplatte von 1,25 m Stärke ersetzt, die kappenartig über die alte Umgründung gezogen wurde. Am 12. Dezember 1954 konnte die neue Brücke eingeweiht werden. Sie weist eine Fahrbahnbreite von 6,50 m und zwei Gehwege von je 2 m Breite auf. Ihre Tragkraft beträgt 45 to. Mit der Fertigstellung der Brücke, die sich in leichtem Schwung über den Fluß spannt, waren die Schäden, die der Zweite Weltkrieg der Gemeinde zufügte, wieder behoben.
1956 - sie neue Brücke Foto Buhl / Hoppe
Die Brückeneinweihung im Dezember 1954
Bürgermeister Alex Rausch im Interview - originales Tondokument.
Freundliche Überlassung durch das Radiomuseum Hardthausen a.K. , Herr Uwe Steinle.
Wendeltreppe auf Ziegelhäuser Seite Buhl / Hoppe
Ende und Anfang?
Soweit die ausführliche Chronik von Reinhard Hoppe. Die Ziegelhäuser Neckarbrücke tat fortan mehr oder minder ihren Dienst von 1954 - ?. Was man Anfang der 1950-iger Jahre nicht erahnen konnte, war die explosionsartige Zunahme der Personen- und Frachtmobilität. Waren Bahn und Schiff damals die Haupttransporteure, so wurden die Trucks auf den Straßen zum geplanten Zwischenlager und sie wurden immer größer und schwerer. Mit dem Abbau der Straßenbahnlinien 4 und 5 in Schlierbach fuhren dann auch regelmäßig schwere Personenbusse über die Brücke. Fortan rannten verspätete Schüler nicht mehr über die Brücke, um die „Bembel“ zu erreichen. Die Busse der Stadtwerke Heidelberg fuhren nach Ziegelhausen in Konkurrenz zu den Postbussen auf der rechten Neckarseite.
Im Januar 2020 – ein riesiger zeitlicher Sprung – war es dann soweit: Die Brücke ist technisch am Ende, Reparieren lohnt sich nicht mehr und sei auch technisch unsinnig. Nun also hat die Brücke ohne Namen noch Gnadenfrist im Schonmodus. Keine schweren Lastkraftwagen dürfen sie befahren, nur noch eine Buslinie und im Notfall Rettungsfahrzeuge. Wie lange noch? 5 – 8 Jahre, vielleicht. (K.Fanz)