175 Jahre Badische Revolution

175 Jahre Badische Revolution -
auch in Ziegelhausen?
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Friedrich Hecker

Immer schon strahlten Ereignisse politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Art über den Rhein nach Osten. Die Menschen in Baden und der Pfalz wurden von Entwicklungen dort erfasst und machten sie sich auch zu eigen.

Dies hatte negative  Auswirkungen, denkt man an die laufenden Einfälle französischer Heere in die Pfalz in der Zeit des Sonnenkönigs, den Brand Heidelbergs, Brettens, uva,

Nach der französischen Revolution 1789 waren die  Könige in Frankreich fast Geschichte, allerdings erhöhten die Fürsten in Deutschland den Druck der Daumenschrauben, um ihre eigene Bevölkerung im Zaum zu halten.

Zunächst aber wurde Baden 1803 größer: Napoleon ordnete die rechtstheinische Kurpfalz, das Fürzbistum Speyer mit Bruchsal und östliche Teile des Erzbistums Mainz mit Buchen, Walldürn dem Großherzogtum Baden zu. Dies hatte allerdings seinen Preis: Vollständige politische Abhängigkeit von Paris und Bereitstellung von Soldaten für seine Feldzüge.

1815 war Napoleon besiegt und in Wien ging der Fürstenkongress daran, die alten Verhältnisse zu restaurieren. Demokratisch-republikanische Gesinnung wurde amtlich verfolgt. Aber Baden behielt seine neuen Gebiete des heutigen nördlichen Nordbaden.

1830 revoltierten die Pariser wieder gegen ihren König Ludwig und tauschten ihn gegen den "Bürgerkönig" Louis Philippe aus. Auch dadurch wurden die heimlichen Demokraten in Baden, der Pfalz und in ganz Deutschland angefacht. Der Wunsch nach Einheit und bürgerlicher Demokratie gipfelte im "Hambacher Fest" (Neustadt/Pfalz) 1832.

Im Februar 1848 trennten sich die Franzosen von der Monarchie und sie erhoben den Großneffen Napoleons zum Kaiser - Fanal genug über den Rhein, jetzt auch hierzulande schwarz-rot-goldene Fahnen zu schwenken und Demokratie zu fordern, besonders in Mannheim und Offenburg.

Diese Epoche der "Märzereignisse" hatte ihre Hauptdaten mit dem 5. März, als sich 51 Männer in Heidelberg im "Badischen Hof" versammelten und den Weg zur Frankfurter Paulskirchenversammlung ebneten. Einer der wichtigsten Wortführer war der Jurist und Rechtsanwalt Friedrich Hecker, geboren in Eichtersheim und wohnhaft in Mannheim, Abgeordneter in der Badischen Kammer.
Am  19. März forderte die starke Volksversammlung die Einführung demokratischer Rechte in Baden und den Weg zur Republik.  
Am 25. März schwor sich eine Volksversammlung auf dem Heidelberger Schloß auf die Forderungen nach Demokratrie ein. Die aus Ziegelhausen abgeordneten Bürger sollten dem vortägigen Gemeinderatsbeschluss folgend für eine "konstitutionelle Monarchie" stimmen.

Aber Friedrich Hecker bildete zusammen mit Gustav Struve eine radikaldemokratische Minderheit. Sie setzten auf Umsturz durch Waffen: Heckerzug und Struvezug hatten aber nie eine Chance, die Züge scheiterten und Hecker emigrierte nach Amerika.

Das Herrscherhaus in Karlsruhe hatte mit hessischen, württembergischen und badischen Teiltruppen vorerst die Oberhand behalten.

Aber im Volk gärte es weiter und dies wurde von den "Volkssvereinen" am Gären gehalten. Am 12.5.1849 meuterten in Rastatt badische Truppen und die Armee ging mit fliegenden Fahnen zum Volk über. Am 1.6.1849 wurde eine neue Landesregierung gewählt.

Friedrich v. Baden
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Hier setzt nun die Erzählung von Reinhard Hoppe ein, der im Jahre 1970 in "750 Jahre Ziegelhausen" (S 162) monarchistisch-wohlwollend die geglückte Fluch des Kronprinzen, der keiner mehr war,  am 14.5.1849 zum preußischen Aggressor schilderte. Friedrich war zum Landesverräter geworden.

Die Friedrichsruhe
Durch die Besetzung wurde Großherzog Leopold mit seiner Familie und der Regierung zur schleunigen Flucht genötigt. Dabei kam ein Mitglied des großherzoglichen Hauses, Prinz Friedrich, der spätere Großherzog Friedrich I., nach Ziegelhausen, wohin er mancherlei Beziehungen hatte.

Von Heidelberg aus, wo Prinz Friedrich studierte, kam er im Sommer 1847 häufig zu Rat Schlosser auf das Stift Neuburg. Dann war Ziegelhausen seit den Tagen des Pfälzer Fritz, also seit dem Ende des 15. Jahrhunderts, Sitz der Verwaltung des mächtigen ,,Ziegelhäuser Forstes", der Staatsdomäne war. So war es naheliegend, daß sich Prinz Friedrich in das damals neue erstellte Ziegelhäuser Forsthaus, das heutige katholische Pfarrhaus, zu Bezirksförster Schreiber begab, dessen Frau zudem noch in ihrer Mädchenzeit Hofdame in Karlsruhe gewesen war. Nach der noch lebendigen Überlieferung, die natürlich durch die Länge der Zeit so manche Schattierung erfahren hat, soll Prinz Friedrich am 14. Mai 1849 vom Schlierbacher Ufer aus nach einem Fährmann gerufen haben. Der gerade zur Stelle gewesene Steinhauer Martin Schmitt holte den ihm Unbekannten nach Ziegelhausen, wo er sich zu erkennen gab und als Ziel das im großherzoglichen Besitz befindliche Schloß Zwingenberg bezeichnete.

Mehrere Tage hielt sich nun Prinz Friedrich im Forsthaus verborgen, bis die Freischärler von seinem Aufenthalt Kenntnis erhielten. Bezirksförster Schreiber hielt es daher für ratsam, seinen Schutzbefohlenen fortzuschaffen. Abends begab sich der Prinz — nach einigen soll er als Metzger verkleidet gewesen sein — in das Gebüsch am Ausgang des Bärenbachtales bei der Ölmühle und erwartete seinen treuen Fährmann Martin Schmitt, der ihn auf dem Neckar nach Mannheim führte. Von hier aus begab sich Prinz Friedrich nach Frankfurt, wo er zu den preußischen Truppen stieß, die unter der Führung des Prinzen Wilhelm, des späteren Kaisers, standen.

Zur Belohnung für seine Hilfe erhielt der tapfere Retter fürs erste eine Belohnung von 300 Gulden. Dazu sollte er noch an den großherzoglichen Hof nach Karlsruhe kommen. Schmitt zog es aber vor, in seinen heimatlichen Wäldern zu bleiben und wurde großherzoglicher Förster im Ziegelhäuser Forst, wo er lange Jahrzehnte die Hut über den Bezirk Peterstal ausübte. Nach seiner Pensionierung in den 80er Jahren wohnte er wieder in seinem geliebten Heimatort. Im Hause Schönauer Straße 4 beschloß er 1896 sein Leben.

Noch lange zeigte man an der Abzweigung der neuen Miünchelstraße von der Heinrich-Stoeß-Straße die .Friedrichsruhe", wo der Erbprinz seinen Retter in der Dunkelheit erwartete. Dichtung und Wahrheit sind hier untereinander geworfen. Die Friedrichsruhe, die kurz nach dem Ersten Weltkrieg einer Straßenverbreiterung zUm Opfer gefallen war, wurde nämlich erst 1882 von Adlerwirt Friedrich Knauf als Ruheplatz mit Steinbank und Steintisch für seine Sommergäste errichtet und nach ihm benannt.

 

 


Freischärler in Ziegelhausen (S 163)

Ähnlich wie dem Prinzen ging es auch einem Einwohner, dem Metzger Bernhard Erlewein. Eine Abteilung berittener Freischärler quartierte sich damals auf dem Rückzug vor den aus dem Odenwald anrückenden preußischen Truppen für zwei Tage im Fürstenhaus ein. Als sie nun auch von hier weiter ziehen mußte, nahmen die Freischärler dem Müller Stefan Weber von der Walkmühle eine Kuh weg und verlangten von Erlewein, daß er sie ihnen schlachte. Erlewein, der sie zur Rückgabe des requirierten Tieres aufforderte, weigerte sich, den Befehl auszuführen und mußte sich deshalb von zu Hause wegbegeben. ln dem unterirdischen Lauf an der Mündung des Steinbaches hielt er sich einige Tage verborgen, wo er von Gleichgesinnten des Nachts mit Speise und Trank versehen ward. Währenddessen waren die Aufständischen in sein Wohnhaus (heute Metzgerei Welz, Hauptstraße 10) eingedrungen und durchstachen dort auf der Suche nach ihm Heu, Säcke und Betten. Ihre Drohung das Haus einzuäschern, konnten sie aber durch ihre baldige Flucht nicht mehr ausführen.

Einige Bürger standen auch auf Seiten der Freischärler. Von einigen Peterstalern, Michael Gaub, Ludwig Gilatin, Michael Knapp, Ludwig Schmitt und Nikolaus Siegmann ist uns dies überliefert. 1850 wurden sie deshalb zu einer Gefängnisstrafe von 14 Tagen abwechselnd bei Hungerkost verudeilt. Das Straferkenntnis durch das Großh. Oberamt erfolgte wegen .Absingen des Heckerliedes", wobei sie befroffen wurden. Zu der Strafe mußten sie noch die Untersuchungskosten zum Teil zahlen und außerdem wurde das Urteil im Handbuch eingetragen. Friedrich Hecker war der Hauptanführer des Aufstandes im badischen Oberland. Das Bild des Mannes mit dem Bart und großen Schlapphut hing noch Jahrzehnte in den Wirtsstuben und das Heckerlied wurde immer wieder gcsungen.

Auch Ernst Hug zeichnete eine Erzählung seiner Großmutter auf. ("Ziegelhäuser Geschichten, S20/21)

Der furchterregende Schmied

In Baden war die Revolution. Und insbesondere im Kraichgau, in der Sinsheimer Gegend, gab es Leute, die die damalige Welt verändern wollten. Und so marschierten sie als »Freischärler« nach Heidelberg, den Hessen und Preußen entgegen, die, vom badischen Großherzog gerufen, die Freischärler bekämpften. Ein Teil des Kraichgauer Aufgebots kam auch nach Ziegelhausen. Und während der Bürger Erlewein, ein Reaktionär, wie schon damals die Freischärler sagten, um sein Leben bangend unter der Bachverdolung zwischen Neckar und Neckarschule hockte und die Ratten um ihn herumhuschten, zogen die Freischärler in Ziegelhausen ein und nahmen dort Quartier. Angstvoll beobachteten die Dorfbewohner ihren Einzug.
Einer im Zug der Einmarschierenden sah besonders furchterregend aus: Ein großer Mann mit einem schwarzen Vollbart. Mit wilden Blicken beobachtete er die Häuser. Die Urgroßmutter konnte gerade  noch sagen: »Hoffentlich kriegen wir den nicht zur Einquartierung«, da ging der furchterregende Riese schon auf die Haustür zu, die Treppe hinauf und stand vor den fassungslos dastehenden Bewohnern des Hauses, seinen Quartierschein vorzeigend.
Und was soll ich euch sagen?
Was wie ein fürchterlicher Revolutionär ausgesehen hatte, entpuppte sich als kreuzbraver Familienvater, den die Freischärler von Frau und Kind und der heimatlichen Schmiede weggenommen und gezwungen hatten, mit den Aufständischen zu marschieren. Verrußt mit Lederschurz und großem Hammer, mit einem Säbel bewaffnet, mußte er vom Amboß weg den Freischaren folgen.
Und als er dies erzählte, weinte er bittere Tränen über die Frau und den Buben, die er verlassen mußte.

Die Quartierleute bewirteten ihn gut und hofften, als er am nächsten Tage weiterzog, daß ihm die kommenden Kämpfe, die Gefechte bei Mingolsheim und Waghäusel, Gelegenheit geben, wieder zu seinen Lieben zurückzufinden. Leider wußte die Großmutter nicht mehr, aus welchem Orte er stammte, sonst hätte sich das Schicksal des Schmiedes vielleicht aufklären lassen.

Der Revolutionskrieg in unserer Gegend

Der Frühsommer 1849 in Baden war durchzogen von Kriegshandlungen. Die gewählte demokratische Regierung in Karlsruhe erwartete einen übermächtigen Feind: Die preußische Armee drang – heute würde man sagen – völkerrechtswidrig in das badische Staatsgebiet ein. Der König von Preußen berief sich auf einen „Auftrag“ des (fürstlichen) „Deutschen Bundes“, der den Umgestaltungswillen des gewählten Paulskirchenparlaments längst militärisch bekämpfte und etliche demokratische Führer (z.B. Robert Blum) ermordet hatte oder außer Landes trieb.
Die badische Revolutionsarmee plus die „Freischärler“ waren den gut ausgebildeten und ausgerüsteten preußischen Armeekorps hoffnungslos unterlegen. Die Preußen wurden von ihrem Prinzen Wilhelm angeführt, der später (1870) die „Dreckskrone“ doch nahm und zum deutschen Kaiser wurde. Doch auf diesem Feldzug und vorher in Berlin erwarb er sich den Beinamen „Kartätschenprinz“ weil er bewaffnete und unbewaffnete Gegner vor die Kartätschen (Kanonen)  stellen ließ und brutal ermordete.

Die nördliche Bergstraße war nun vom Feind (Hessen und teilweise Preußen) besetzt.  Die Hauptmacht der Preußen setzte bei Germersheim über den Rhein und marschierte in Richtung Bruchsal. Der in der Kurpfälzer Gegend verbliebene Rest der badischen Truppen drohte abgeschnitten zu werden, zumal weitere hessische Truppen vom Odenwald her in das untere Neckartal drangen.

In Heidelberg, in Neckargemünd, in Altneudorf und in Ziegelhausen versammelten sich Freiwillige, um die Invasoren zu bekämpfen. Für ein paar Tage standen in Ziegelhausen drei Kompanien der „Volkswehr“.
Der Lehrer Carl Höfer (*1) aus Altneudorf versammelte dort etwa 600 Freiheitskämpfer um sich. 
Durch den Rheinübergang der Preußen wurden die auf dem Heiligenberg aufgeworfenen „Schanzen“ (Gräben mit Erdwällen) vollkommen nutzlos. (Der Wanderer sieht sie heute noch an der Hochstraße am Zollstock und am Stickelsplatz)

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Nachdem Preußische Truppen nun auch von Ludwigshafen her nach Baden eindrangen, entschlossen sich die Verbliebenen zu einem Durchbruch längs der Elsenz  zur Festung Rastatt, um den dort den letzten Kampf zu führen. Inzwischen waren die Invasoren bei Waghäusel siegreich, wo sie die badische Armee des Oberbefehlshabers Franz Sigel (*2) bezwangen. Die Reste der badischen Armee versammelten sich an der „Murglinie“ und in der Festung Rastatt, wo sie nach 3-wöchiger Belagerung  besiegt wurden. Die Preußen hielten nicht viel von Kriegsgefangenen. Die obersten Köpfe der Demokraten wurden willkürlich erschossen.

(*1) Die siegreichen Preußen nahmen später bittere Rache und erschossen ihn in Mannheim standrechtlich. Ein Gedenken an ihn findet sich heute in Altneudorf in Form der Carl-Höfer-Straße.

(*2) Sigel stammte aus Sinsheim und flüchtete nach der Niederlage über die Schweiz in die Vereinigten Staaten, wo er auf Nordstaatenseite an der Seite von Abraham Lincoln erfolgreich den Krieg gegen die Sklavenhaltergesellschaft des Südens mitgestalten konnte. In Sinsheim hat man ihm ein Denkmal vor dem Alten Rathaus gewidmet.

Weiterführend mit antiquarischem Wert

Rudolf Stratz (1864 - 1936), nach dem in Ziegelhausen eine Straße benannt ist

Die Revolutionen 1848 und 1849

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