Kerwegescht steche

"Die Kerwe in der Kurpfalz" - Von Kerweborscht und Kerweschlumpel

 

[Klaus Fanz]

 

„Kerwegescht“ stechen mehr oder minder immer

St. Laurentius liegt auf dem 10 August. Die alte katholische Kirche in der Ortsmitte trug seinen Namen. So war der „Kirchweihtag“ (Kerwe) mit diesem Namen und mit diesem Termin verbunden.
Heute heißt die Kirche „Teresakirche“ und steht im Mühlweg. Vor ein paar Jahren wurde die Besucherzahl der Kerwe in den Sommerferien so gering, dass eine Verlegung in die Schulzeit im Juli angezeigt schien. Aber auch das hat nicht viel geholfen. Die Ziegelhäuser Kerwe verlor Jahr für Jahr an Zuspruch durch Besucher und die sie tragenden Vereine. Die Zukunft ist ungewiss.

Aber blicken wir zurück in die Zeiten, als die Kerwe noch das Ziegelhäuser Hauptfest war, souverän über Fernseher, Medien, Urlaubsfahrten regierte, diese in Schach hielt.

Wie in vielen Gemeinden war der Augusttermin schon ein halbes Erntedankfest, von Kartoffeln und Obst abgesehen. Es war noch warm genug an den „Hundstagen“, die Abende und Nächte im Freien zu verbringen.

Für uns Kinder in den 50 iger Jahren waren es die K-Wörter, die uns Vorfreude brachten und mit dem Begriff Kerwe verbunden waren. „Kerwegeld“ – wurde von Eltern und Verwandten gegeben, um damit die „Reitschul“ zu bezahlen oder später die Fahrt mit dem „Boxauto“ (Auto – Scooter), Zuckerwatte oder gebrannte Mandeln, die 5 Schuss mit dem Luftgewehr. Lose kaufte man von dem knapp bemessenen Kerwegeld nicht, da man die Gewinnwahrscheinlichkeiten zwar noch nicht exakt berechnen konnte, aber immer ahnte, dass der Gewinner fast immer der Losbudenbesitzer ist.

„Kerwegescht“ (Kerwegäste) waren die, die man zwar gern begrüßte, die man am Abend aber auch gerne abreisen sah. – Verwandte, Bekannte, Arbeitskollegen der  Eltern. Sie kamen meist am Sonntag zum Mittagessen oder auch nur zum Kaffee. Dort trafen sie auf die anderen „Kerwegescht“ . Beide machten sich über den „Quetschekuche“ her, die ersteren mit Dessertgabel immer auf der Hut, die anderen nicht mitzuessen. Denn die anderen, das waren die gelb-schwarz Gestreiften mit sprichwörtlicher Taille. Zwetschgenkuchen war die Kerwehauptnahrung. Schon die ganze Woche zuvor wurde von den Hausfrauen auf den „Kerwekuchebacksamstag“ hingearbeitet. Kamen dann die Hefe- oder Mürbeteigköstlichkeiten aus dem Ofen oder waren sie vom Bäcker abgeholt, wurde die Wohnung, Haus und Hof noch blitzblank geputzt. Der gestressten Mutter ging man am besten für ein paar Stunden aus dem Weg. Der Kerwesamstag wurde aber nicht nur zum Backen und Putzen genutzt. So langsam lief das Fest im Dorf und auf dem Kerweplatz an.

Der Kerwesonntag bestand für die Erwachsenen meist zunächst im Besuch der Kerwewirtschaften  , während sich die Kinder auf dem Kerweplatz (später Kucheblech) tummelten – in der Hoffnung, die später ankommenden Eltern wüssten um den inzwischen klammen Inhalt der Hosentaschen.

Am Kerwemontag wurde zu früheren Zeiten nicht gearbeitet. („Blauer Montag“). Meister und Gesellen trafen sich in den Wirtschaften, um dort die „Wirtschaftskerwe“ zu begießen. Am Abend wurde noch Tanz angeboten.

Am Dienstag  Abend lebte die Kerwe noch einmal auf, da viele Besucher das Schauspiel nicht versäumen wollten, die „Kerweschlumpel“ von der Neckarbrücke herab zu verbrennen zu sehen verbunden mit der Trauerrede des Kerwepfarrers.

Ab den 70 iger Jahren erlebte die Kerwefreudigkeit der Ziegelhäuser durch die Vereine nochmals Höhepunkte. „Straßenkerwe“ war angesagt: Sport-, Gesangs- oder Kulturvereine, Parteien, Organisationen bauten von der Neckarschule bis zur Volksbank ihre Stände auf. Mindestens 4 Bands luden zum Zuhören, Mitbewegen, Mitsingen oder Tanzen ein.

Über die Gründe, weshalb dann immer weniger Vereine und Besucher Lust an der Kerwe entwickelten lässt sich streiten. Änderungen der Formate und Bezeichnungen waren machtlos. Grundzug der gegenwärtigen Zeit ist es aber nicht ausschließlich, betrachtet man den stetigen Aufschwung der Karnevalisten und den inzwischen üppig großen Umzug in Ziegelhausen. 

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Wappentier der Ziegelhäuser Kerwe

(Hospes consecrationis ecclesiae vulgaris)